Kommentar zum unterfinanzierten Rosensonntagszug Ein fahrlässig unterschätztes Mega-Event
Wuppertal · Anders, als böswillige Bürger glauben, ist das Rathaus jährlich nur fünf Tage lang in Narrenhand. Nämlich von Weiberfastnacht bis Aschermittwoch. Doch selbst dann halten sich die Karnevalisten zurück.
Dabei könnte man es ihnen angesichts der chronischen Finanzprobleme nicht verübeln, wenn sie die Schlüsselgewalt auch im städtischen Tresorraum ausüben würden.
In Rio hat der Bürgermeister soeben unter massiven Protesten den städtischen Zuschuss zum Karnevalszug auf 3,2 Millionen Euro reduziert. Diese Halbierung hat Wuppertals Kämmerer bereits vor Jahren vollzogen. Er schießt nur noch 2.500 Euro zu. Auch wenn beide Veranstaltungen nur bedingt zu vergleichen sind und in diesem Jahr auch klimatisch weit auseinander klafften — das haben die Wuppertaler Jecken nicht verdient. Trotz Regen, Schnee- und Hagelschauern vergnügten sich am Sonntag an die 30.000 Zuggäste und profitierten zumindest davon, dass der (von den Karnevalsvereinen selbst erwirtschaftete) "Kamelle-Proviant" für eine bis zu sechsstellige Teilnehmerzahl ausgerichtet war.
Der Rosensonntagszug in Wuppertal ist, das sollte nicht übersehen werden, ein Mega-Event. Mit Zuschauerzahlen, von denen andere Veranstalter hierzulande nur träumen können. Umso alarmierender, dass zur Jahreswende die Absage drohte, weil steigende Sicherheitsanforderungen den Zug-Etat belasteten. Der närrische Lindwurm konnte nur dank zusätzlicher Sponsorengelder in letzter Minute gerettet werden. Und dann auch nur verkürzt in abgespeckter Form.
Schon in wenigen Wochen beraten die Organisatoren über den Zug im nächsten Jahr. Wilfried Michaelis, der Vorsitzende des Karnevals-Komitees, macht sich keine Hoffnungen auf einen höheren städtischen Zuschuss — will aber zumindest versuchen, dass die Stadt zukünftig die Absperrung übernimmt, damit man ein paar Tausend Euro fürs Programm mehr übrig hat. Ein bescheidener Ansatz — immerhin werden wir momentan von einem karnevals-affinen Oberbürgermeister regiert. Der könnte ruhig ein paar kreative Überlegungen zu Gunsten eines attraktiveren Zug-Geschehens aus der Kämmerei herauskitzeln. Auch aus Gründen des Stadt-Marketings. Denn, jawohl, wie zu den Weihnachtsmärkten zieht es auch zum Wuppertaler Karnevalszug eine ganze Reihe auswärtiger Gäste. Sie müssen ja nicht gerade aus Köln oder Düsseldorf kommen ...