Kommentar zur Christmas-City-Qualitätsdebatte Weihnachtsmarkt? Regt euch nicht auf!

Wuppertal · Liebes Tagebuch! Wenn man unsere Leserbriefseiten oder die Ergebnisse der Rundschau-Internet-Umfrage zum Beliebtheits-Ranking der Weihnachtsmärkte anschaut, dann sieht's aber zappenduster aus in Elberfeld.

 Rundschau-Redakteur Stefan Seitz.

Rundschau-Redakteur Stefan Seitz.

Foto: Bettina Osswald

Die Leserbriefschreiber brechen den Stab über den Markt — und die Netz-Umfrage brachte für Elberfeld nur neun Prozent, also sieben armselige Stimmen. Dabei muss man aber so ehrlich sein, dass das Thema auch insgesamt nur 78 abstimmungswillige Leser hinterm warmen Vorweihnachtsofen hervorgelockt hat.

Und genau hier liegt — so denke ich — der Hase im Pfeffer: Die Mehrheit der Menschen in Wuppertal interessiert der Streit über Schönheit oder Weniger-Schönheit beziehungsweise gar Hässlichkeit der Weihnachtsmärkte gar nicht so besonders.

Nehmen wir zum Beispiel den vergangenen Samstag zwischen 18.30 und 19 Uhr — und mein eigenes Erleben: Poststraße, ihre Nebenstraßen, Alte Freiheit, City-Arkaden-Umfeld — gerammelt voll, kaum ein Durchkommen, alle Weihnachtsmarktstände dicht umlagert, eine Live-Musikgruppe mittendrin, Menschenmassen, Weihnachtsstimmung, Weihnachtsdüfte und, und, und ...
Was die Leute offenbar herzlich wenig bewegt, ist, dass es keine Weihnachtsbeleuchtung gibt (mittlerweile — ÜBERRASCHUNG — soll sie ja dann doch noch kommen), dass diese seltsam illuminierten Bottiche seelenlos in der Gegend herumstehen, dass es zehn (um Himmels Willen — zehn!) Stände weniger gibt als früher.

Was die Leute aber sehr interessiert: Ab in die City, einkaufen, Glühwein trinken, entsprechende Speisen verzehren — und gut. Kurz gesagt: Hauptsache, es ist Weihnachtsmarkt!

Dass Barmen und der Mittelalter-Markt auf dem Laurentiusplatz immer besser als Elberfeld abschneiden, ist schon seit Jahren so. Kein Wunder: Die sind auch beide an einem jeweils gut überschaubaren Ort, vermitteln also etwas dörflich Heimeliges. Und das ist doch eigentlich genau das, was man sich unter einem Weihnachtsmarkt vorstellt, oder? Deswegen: Wenn 2018 die Stadt ihre Weihnachtsmärkte selbst machen muss, könnte, müsste und sollte das vielleicht auch eine gute Idee für Elberfeld sein. Alleiniger Christmas-Hotspot Neumarkt? Warum eigentlich nicht?

Was aber einige offensichtlich viel mehr bewegt als die "Weihnachtsmarkt-Schönheitsfrage" ist die Tatsache, dass der Elberfelder Weihnachtsmarkt offiziell nicht "Weihnachtsmarkt", sondern "Lichtermarkt" heißt. Das ist so (beziehungsweise muss laut Vorschrift so sein), weil er über Weihnachten hinaus läuft. Mit Islam, angeblichen Religionskriegen und dem bevorstehenden Untergang des Abendlandes hat das gar nichts zu tun. Die Vorschrift gab es schon, als alle, die vom Ende unserer Kultur lamentieren, noch hinter ihren Öfen saßen.

Jetzt zetern sie, dass sie nicht auf den "Lichtermarkt" gehen, weil er nicht "Weihnachtsmarkt" heißt. Sollen sie doch zu Hause bleiben. Wo es Weihnachtsmusik, Glühwein & Co. plus Würstchen und so gibt, ist es auch ohne diese Empfindlinge rappelvoll. Frohes Fest!

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