Als der kleine Reyad in seinen Kindheitstagen in Damaskus seiner Mutter in der Küche helfen will, schmeißt sie ihn raus. Er möchte Essen zubereiten, doch ist zu chaotisch. Die Mama kocht große Portionen, mit viel Würze und Liebe – sie ist seiner Meinung nach „die beste Köchin der Welt“.
Der Guide Michelin sieht das anders und hat ihn selbst in diesem Jahr mit einem Stern ausgezeichnet – der absolute Adelsschlag in der Gastronomie. Dabei ist Reyad Danah der einzige Syrer in Europa, der diesen Titel trägt, einer der ehrgeizigsten Nachwuchsstars mit einer Aufstiegsgeschichte, die nahezu märchenhaft klingt.
Beim Presselunch in der Gaststube des Restaurants Shiraz lächelt der 35-Jährige. „Ich möchte einer der besten Köche der Welt werden“, sagt Danah, „Groß träumen kostet nichts“. Er steht seit Januar 2025 als Küchenchef am Herd des Hauses. Das von Serkan Akgün betriebene Lokal ist das einzige Sternerestaurant in Wuppertal.
Untergebracht ist es – ebenso wie Akgüns zweites Restaurant „Winkelmann“, das feine Landhausküche bietet – am Einern 120. Ein 400 Jahre altes Fachwerkhaus, in dem seit Generationen gekocht wird. Es gilt als die älteste nachweisbar bestehende Gaststätte Wuppertals.
Danahs Küche verbindet den europäischen Gourmetstil mit orientalischen Einflüssen aus seiner Heimat. Da tauchen im Menü etwa Hummus, Tabouleh oder Datteln auf. Kreuzkümmel und Ras el Hanout sorgen für Würze. Dass der Koch zum Star werden würde, war alles andere als vorgezeichnet: Als die Kämpfe 2011 in seiner Heimat eskalieren, kehrt Reyad Danah Syrien den Rücken.
Seine Route ist ein gefährliches Zickzack durch mehrere Staaten und Kontinente. Er schlägt sich von Beirut über nordafrikanische Küsten bis nach Südamerika durch, landet sogar in Brasilien – ein Zwischenhalt, der sich jedoch als Sackgasse erweist. Erst über Umwege gelingt ihm der Sprung nach Europa. 2015 steht er schließlich in Deutschland. Ohne Familie, ohne Sprachkenntnisse, aber mit einem Ziel: Er will kochen.
In Thüringen erarbeitet er sich Schritt für Schritt eine berufliche Basis, besucht Sprachkurse, beginnt eine Ausbildung und kocht in jeder freien Minute, um Abläufe und Techniken kennenzulernen. Nach weiteren Stationen in der Spitzengastronomie trifft er dann in Wuppertal auf Serkan Akgün. Der Gastronom erkennt das Talent – und setzt auf ihn.
eine Eltern bleiben in Damaskus, haben noch nie die Sterneküche ihres Kindes probiert. „Ich schicke ihnen ab und zu Bilder, sie sind stolz auf mich, finden aber, dass meine Gerichte komisch aussehen“, sagt Danah lächelnd. Deutsches Essen schmeckt ihm übrigens auch: Am liebsten isst er Rinderrouladen mit Thüringer Klößen und Currywurst.