Uwe Hoffmann und seine Schmiede Ein glühende Wuppertal-Leidenschaft

Wuppertal · Uwe Hoffmann fertigt Erinnerungsstücke aus Schwebebahn-Stahl. In seiner Schmiede entstehen Tuffi-Flaschenöffner oder Messer, die quasi Lokalgeschichte zum Anfassen sind.

 Tuffi als Flaschenöffner.

Tuffi als Flaschenöffner.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Sie war die Mutigste unter den Zirkus-Elefanten. Und eigentlich ganz gut erzogen. Ausgerüstet mit vier Fahrkarten und in Gesellschaft von Zirkusdirektor Franz Althoff stieg Tuffi am 21. Juni 1950 in die Schwebebahn. Ob es die quietschenden Räder waren oder der mit Presseleuten überfüllte Wagen: Die Elefantendame zertrümmerte in Panik die Sitzbank, durchbrach die Seitenwand und stürzte in die Wupper. Den Zirkusdirektor hatte man gerade noch davon abhalten können, seinem Dickhäuter hinterherzuspringen. Tuffi überlebte – und stieg nie wieder in eine Schwebebahn.

Während Uwe Hoffmann (56) die Elefanten-Geschichte erzählt, hält er seine Reminiszenz an die „Indische Prinzessin“ in der Hand: einen Flaschenöffner aus Schwebebahnstahl. Mit Stanzstempel „1898“, dem Baubeginn der Schwebebahn. Es gibt „Tuffi“ auch aus drei Millimeter starkem, gebürsteten Edelstahl. Hoffmann nennt seinen Flaschenöffner auch „Kapselheber“ – das klingt weniger grob und ja, es passt auch besser zu dem edlen Stück aus Metall.

 Ganz wie früher: Uwe Hoffmann bei der Arbeit.

Ganz wie früher: Uwe Hoffmann bei der Arbeit.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Damit das mit dem Flaschenöffnen auch klappt, hat er Tuffi einen nicht vorhandenen Stoßzahn angedichtet. Man kann den Kronkorken aber auch zwischen die Elefantenfüße klemmen. Ein dumpfes „Plopp“, und die Flasche ist geöffnet. Das edle Stück ist unkaputtbar – und das wiederum passt gut zur Elefantendame, die nach ihrem Sturz noch beinahe vier Jahrzehnte weiterlebte.

Man schaut auf die stählerne Prinzessin, sieht ihre liebevoll herausgearbeiteten Öhrchen und nein, in die Besteckschublade kann man sie nicht einfach schieben. So wie vieles andere, dass einem in der Schmiede in Dornap ins Auge fällt. Uwe Hoffmann ist Schmied in fünfter Generation. Schon als kleiner Junge saß er in der Schmiede auf einer Schublade, um dem Vater bei der Arbeit zuzuschauen.

Aufmerksam, zurückhaltend: Noch heute passt der Industriedesigner nicht in das Klischee desjenigen, der mit brachialer Gewalt den Hammer auf den Amboss schlägt. Er ist mehr Künstler als Handwerker, auch wenn es ohne kräftige Schläge nicht geht. Zuweilen treibt er den Stahl im Schmiedefeuer bis zur Weißglut, aber auch hier gilt: „Man braucht viel Gefühl.“

 Uwe Hoffmann vor seiner Schmiede.

Uwe Hoffmann vor seiner Schmiede.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Der falsche Hammer, der falsche Schlag oder auch die falsche Temperatur: Man kann vieles falsch machen beim Schmieden. Dann ist die Arbeit von Tagen in Sekunden kaputt. Je dicker das Metallstück, umso mehr Zeit bleibt für die Schläge auf dem Amboss. Bei einer Messerklinge sind das nur 30 Sekunden, dann muss sie wieder ins Feuer. So entsteht auch das „Wuppertal-Messer“ – mit handgefertigtem Griff aus alter Eiche oder Pflaume.

So wie die stählerne „Tuffi“ ist auch das Messer aus Schwebebahnstahl. Hört man Uwe Hoffmann zu, während er erzählt, wie er an den Stahl gekommen ist, wird es spannend. Bei Nacht und Nebel, im Funkenregen der Abrissarbeiten, stand er an den Schwebebahnhöfen. Die Stahlbleche für Tuffi stammen vom ehemaligen Schwebebahnhof an der Völklinger Straße, für das Wuppertal-Messer kamen auch ausrangierte Radreifen vom Kaiserwagen unter den Hammer.

„Viel Arbeit geht in den Entwurf“, sagt der Industriedesigner, der sich beruflich einst dem Produktdesign verschrieben hatte. Als der Computer den handwerklichen Teil der Arbeit am Reißbrett überflüssig machte und Uwe Hoffmann nur noch vor dem Bildschirm saß, hatte er keinen Spaß mehr.

 Echte Handwerkskunst.

Echte Handwerkskunst.

Foto: Mikko Schümmelfeder

„Werkstatt ist mein Ding“, sagt er über sich selbst. Wenn er nicht in seiner Schmiede an der Schlehenstraße zwischen Vohwinkel und Schöller steht, leitet er den Schmiede-Unterricht an der Gruitener Waldorfschule. Oder Workshops für diejenigen, die selbst am Schmiedefeuer stehen wollen. Er will, dass die handwerkliche Tradition weitergetragen wird. Die Faszination der Schmiedekunst, die Magie der Feuerstelle und das Ringen mit dem Eisen, das man schmieden soll, solange es noch heiß ist.

In seiner Schublade schlummern noch viele Ideen, auch „Tuffi“ hat dort lange gewartet. Den ersten Prototyp der Elefantendame hat Uwe Hoffmann mit der Goldschmiedesäge ausgesägt. Dann hat er eine Zeichnung gemacht, jetzt wird mit Laser geschnitten. Die herausgewölbten Ohren sind wieder Handarbeit, so wie auch die ausgefeilten Kanten und die gebürstete Oberfläche. Am Ende hält man nicht nur ein Kapitel der Schwebebahngeschichte in den Händen, sondern auch ein Stück „glühende Leidenschaft“.

Da wird das Flaschenöffnen beinahe zur Nebensache.

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