Prozess in Wuppertal Mauerwurf, Cannabis und eine große Hoffnung

Wuppertal · Ein 37-jähriger Wuppertaler muss sich derzeit vor dem Landgericht wegen Drogenhandels verantworten. Er soll vor einer Arztpraxis und an einer Bushaltestelle in der Wormser Straße Heroin verkauft haben.

 Das Wuppertaler Amtsgericht.

Das Wuppertaler Amtsgericht.

Foto: Dennis Polz

Begonnen hatte alles mit einem „Mauerwurf“ an der JVA in Vohwinkel. Jemand soll dort von draußen etwas über die Mauer geworfen haben, um danach zu verschwinden. Ein „Zinker“ also, der andere Leute anschwärzt. Die Polizei soll jedenfalls danach den Namen und das Foto des Angeklagten gehabt und nach ihm gefahndet haben. Die Besatzung eines Streifenwagens soll ihn dann zufällig in der Nähe seiner Wohnung in der Wormser Straße aufgegriffen haben. Dort soll er im Februar an einer Bushaltestelle gestanden haben, um Drogen zu verkaufen.

Der Polizeibeamtin war die Ähnlichkeit mit dem Fahndungsfoto aufgefallen. Der Mann wurde noch an Ort und Stelle durchsucht, in seinem Pullover fand man 70 Gramm Heroin. Später auf der Wache kamen noch ein paar Gramm dazu, die er in der Unterhose versteckt hatte. Von dort aus ging‘s für den Angeklagten gleich ins Polizeigewahrsam und weiter in die Untersuchungshaft. Derweilen waren die Ermittlungsbeamten bereits auf dem Weg in seine Wohnung, wo weitere 80 Gramm Heroin gefunden worden waren. In Plastiktütchen verpackt und in Kaffeetassen verstaut. Hinzu kamen 1.300 Euro, die möglicherweise aus den Drogenverkäufen stammten.

Ersparnisse dürfte der Angeklagte als Hartz-IV-Empfänger wohl eher nicht gehabt haben. Das ebenfalls konfiszierte Münzgeld soll aus Spielautomaten stammen. Die Ermittlungen hatten später noch ergeben, dass der 37-Jährige das Heroin auch vor der Praxis des Arztes verkauft haben soll, in der er selbst Methadon verabreicht bekommen hatte. Das Umfeld der Praxis war nach zuvor eingegangenen Hinweisen observiert worden.

Gänzlich unüblich scheint der Beikonsum von Heroin nicht zu sein für diejenigen, die an einem Methadonprogramm teilnehmen. Jedenfalls sagte der Angeklagte auf die Frage des Richters, wie er denn seinen Heroinkonsum trotz ärztlicher Drogentests habe geheim halten können: „Für eine gewisse Zeit wird das vom Arzt toleriert.“

Er selbst habe mit dem Drogenkonsum schon als Zwölfjähriger begonnen, damals noch mit Cannabis. Später sei er dann auf Heroin umgestiegen. Und es sei auch schon vorgekommen, dass er zehn Gramm am Tag konsumiert habe. Eine offenbar in Konsumentenkreisen ziemlich große Menge, die auch den Richter aufhorchen ließ. Bei seiner Festnahme hatte der Angeklagte noch gesagt, dass er das Heroin zum Eigenkonsum bei sich getragen habe. Im Prozess hat er den Tatvorwurf des Drogenhandels dann eingeräumt und über die Erklärung seines Verteidigers Marc Flender ein Geständnis abgelegt. Zu denjenigen, die ihn selbst damit beliefern, wollte er hingegen nichts sagen.

Was die Lebensumstände des 37-Jährigen betrifft, so breitete sich vor Gericht die Geschichte eines Mannes aus, der schon früh auf die „schiefe Bahn“ geraten zu sein scheint und der dennoch versucht hat, sich mit eigener Kraft aus dem „Drogensumpf“ zu befreien. Ohne Schulabschluss, Maurerlehrer abgebrochen und dann vor sieben Jahren doch noch den Realschulabschluss nachgeholt: Es gab offenbar immer wieder Versuche, das eigene Leben in andere Bahnen zu lenken. Eine Beziehung war gescheitert, seine mittlerweile 15 Jahre alte Tochter verweigert den Kontakt zu ihm.

Auch die Drogensucht holte den Angeklagten immer wieder ein. Entzugsversuche und eine Langzeittherapie waren gescheitert - der zum Prozess hinzugezogene, psychiatrische Gutachter bescheinigte ihm eine bislang unbehandelt gebliebene Heroinabhängigkeit. Die Prognose hingegen sei gut, wenn er sich in eine mindestens zwei Jahre andauernde Langzeittherapie begeben würde. Darauf hofft nun auch der Angeklagte, dessen Reststrafe nach erfolgreicher Therapie zur Bewährung ausgesetzt werden könnte.

Nun wird das Gericht zu entscheiden haben, ob es dem 37-Jährigen - dem ansonsten eine Mindesthaftstrafe von fünf Jahren drohen würde - diese Möglichkeit einräumt und damit vielleicht die letzte Gelegenheit, sein Leben in den Griff zu bekommen.

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