Hochwasserschäden Krisenleiter Slawig räumt Fehler in Beyenburg ein

Wuppertal · Wuppertals Stadtspitze um Oberbürgermeister Uwe Schneidewind und Krisenstabsleiter Johannes Slawig, Feuerwehr-Chef Ulrich Zander sowie der Wupperverband mit Vorstand Georg Wulf und Thomas Klein (Geschäftsbereichsleiter Technik und Flussgebietsmanagement) haben am Donnerstagabend (22. Juli 2021) in Beyenburg Stellung zur Hochwasser-Katastrophe bezogen. Dabei ging es unter anderem darum, wann welche Warnungen abgesetzt worden – und wo sie landeten.

 Vertreter der Stadt, des Wupperverbandes und der Feuerwehr nahmen Stellung.

Vertreter der Stadt, des Wupperverbandes und der Feuerwehr nahmen Stellung.

Foto: Christoph Petersen

Der Wupperverband gab am Abend bekannt, die Staumengen der Wuppertalsperre und der Bevertalsperre abzusenken. Schneidewind regte ein gerichtliches Verfahren an, um ein künftiges Bewirtschaftungskonzept zu klären. Slawig kündigte intensive Diskussionen in den städtischen Gremien und innerhalb des Wupperverbandes an. Zander erklärte, es habe bislang 10 bis 15 Mal im Jahr entsprechende Warnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) gegeben – die aber eben sehr lokal gewesen seien wie zuletzt 2018 bei dem Starkregenereignis in Elberfeld. Durch die nun vorliegenden Erkenntnisse, etwa zum Wasserstand in der Wupper, werde man nun viel konkreter arbeiten können. Er versprach, so lange mit Kräften und Gerät zu helfen, bis der Wiederaufbau beginnen könne. Man werde von Woche zu Wochen schauen.

Hauptkritikpunkt der Betroffenen (unter ihnen der Schauspieler Harald Krassnitzer) in einer kontroversen, aber sehr sachlichen Diskussion war, dass man nicht rechtzeitig gewarnt worden sei – obwohl schon am Montag (12. Juli) erste Meldungen auf das bevorstehende Ereignis vorgelegen hätten. Dann hätte man wenigstens etwas Hab und Gut in Sicherheit bringen können. Das habe auch für den frühen Mittwochabend (14. Juli) gegolten, als schon von einer Flutwelle die Rede gewesen sei. Da es keine Sirenen vor Ort gebe, hätte man zumindest mit Lautsprecherwagen warnen müssen. Krisenstabsleiter Johannes Slawig räumte ein, dass man am späten Mittwochnachmittag (14. Juli) falsch reagiert habe. Künftig werde man ganz sicher eher warnen – allerdings könne das auch künftig dann etwa nur ein, zwei Stunden zuvor erfolgen. Die DWD-Vorhersagen hätten Hinweise schon Tage vorher nicht her gegeben. Richtig sei aber, dass man ab „17 Uhr, 17:30 Uhr“ hätte warnen müssen. Anwohnerinnen und Anwohner mahnten eine viel bessere Kommunikation an. Es hätten zahlreiche verwertbare Informationen vorgelegen, etwa des Schleusenwärters. „Diese sind nicht richtig eingeordnet worden, das war ein Fehler. Das ist eingeräumt“, so Slawig. „Wir werden die Systeme ändern. Wir können es nicht ungeschehen machen.“ Schneidewind entschuldigte sich bei den Beyenburgerinnen und Beyenburgern. Sollte solch ein Ereignis wieder eintreten, werde der erste Blick auf den Stadtteil gerichtet. Gleichzeitig bedankte er sich bei den zahlreichen Helferinnen und Helfern.

Man habe, so der Wupperverband, ab Montag (12. Juli) damit begonnen, Wasser aus der Talsperre in den Unterlauf der Wupper abzugeben – am Ende bis 25 Kubikmeter pro Sekunde. Der DWD habe zunächst punktuelle lokale Niederschläge von 100 Milliliter pro Quadratmeter vorausgesagt. Eingetreten seien aber 120 bis 160 Milliliter in einem Zeitraum von bis zu zehn Stunden. Es sei so viel Wasser zugeflossen wie bei einem „Jahrtausendereignis“. Es hätte daher sogar nicht gereicht, die Wuppertalsperre um mehr als die Hälfte abzusenken, hieß es. Und 16 Millionen Kubikmeter in den Unterlauf abzugeben wäre auch innerhalb von zwei Tagen technisch nicht möglich gewesen, so der Wupperverband. Das Ereignis habe alle überrollt. Es seien in einem sehr kurzen Zeitraum 22 Millionen Kubikmeter in die Talsperre eingelaufen.

Für den Hochwasserschutz im Winter gebe es in der Betriebsverordnung durch die Bezirksregierung eine klare Festlegung, für die Sommermonate nicht. Das liege dann im Ermessen des Wupperverbandes. Das Ereignis sei schrecklich, die Talsperre habe aber dennoch eine „Dämpfungswirkung“ gehabt. Fehler müssten aufgearbeitet, Schlussfolgerungen gezogen werden. Dabei gehe es auch um die Frage, ob man die Talsperre am 12. und 13. Juli stärker hätte entlasten müssen. In diesem Fall aber hätte man auf jeden Fall die Menschen im Unterlauf warnen müssen, um sie nicht in Gefahr zu bringen. Auf jeden Fall müsse die Frage der Kommunikation analysieren – und auch die nach dem Rückhalteraum in der Wuppertalsperre und in der Bevertalsperre.

Der Wupperverband räumte zwar ein, dass die Niederschlagsmenge durchaus komplett in die Wuppertalsperre gepasst hätte, wenn man schon viel eher, also vor Wochen, mit dem Entleeren begonnen hätte. Allerdings müsse man bedenken, dass die Talsperre auch dazu gedacht sei, bei extremen Hitzeperioden im Sommer – wie in den vergangenen drei Wochen – Wasser in die Wupper abzulassen. Nicht für Freizeitsportlerinnen und -sportler oder Touristen, sondern auch für davon abhängige Firmen wie 3M, Bayer, Erfurt und das Heizkraftwerk Barmen. Zu beachten sei aber auch der ökologische Aspekt: Führe man kein Wasser mehr ab oder zu wenig, fehle ab dem Klärwerk Buchenhofen durch die dortigen Einleitungen die gesunde Mischung. Es gebe dann keine lebende Wupper mehr.

Man könne, so der Wupperverband, die künftige Bewirtschaftung ändern, aber man müsse sich im Klaren sein, dass man nicht alles haben könne: „Wir gehen auch das Risiko ein, dass wir mit dem Wasser, das wir in der Talsperre haben, nicht auskommen werden. Das wird so sein.“ In den vergangenen Jahren seien auch November-Monate trocken gewesen. Die Wupper sei auch ein Ziehgewässer für den Lachs. Das alles sei ein Teil der politischen Diskussion, die nicht nur in Wuppertal geführt werden müsse.

Feuerwehr-Chef Zander bestätigte derweil, dass die Freiwillige Feuerwehr am Mittwoch (12. Juli) um 17:26 Uhr am Beyenburger Haus Bilstein war und der Gruppenführer die Rückmeldung gegeben habe, dass der Parkplatz bis zur Hälfte unter Wasser stand. Ab 19 Uhr habe es einen „absoluten Starkregen“ gegeben. Zwischen 18 und 20 Uhr habe es pro Stunde rund 1.500 Notrufe gegeben. Über die in der Spitze bis zu neun Disponenten könnten zwischen 300 und 400 bearbeitet werden. Geklärt werden soll nun die Frage, wo der Löschzug der Freiwilligen Feuerwehr anschließend im Einsatz war – außerhalb von Beyenburg.

Slawig schlug vor, dazu aufzurufen, dass sich Fachleute melden, die Expertisen für Gebäudeschäden erstellen. Schneidewind gab zu bedenken, dass es wichtig sei, den Betroffenen zu helfen – auch weil viele durch die Lage ihrer Häuser gar keine Versicherungen abschließen könnten. Dazu müsse der Aufbaufonds entsprechend ausgestattet werden.

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