Fußball-Regionalliga WSV-Sportchef Küsters: „Verein kommt von vereinen“

Wuppertal · Rundschau-Interview mit Stephan Küsters, dem Sportdirektor des Fußball-Regionalligisten Wuppertaler SV, vor dem Auswärtsspiel am Samstag (13. März 2021) ab 14 Uhr beim SV Rödinghausen – über die Wintertransfers, Friedhelm Runge und die Zukunft.

 Stephan Küsters (re.) mit Sportvorstand Thomas Richter.

Stephan Küsters (re.) mit Sportvorstand Thomas Richter.

Foto: Dirk Freund

Rundschau: Herr Küsters, wie fällt Ihr bisheriges Saisonfazit aus?

Küsters: „Es ist kein Geheimnis, dass wir in der Hinrunde unter unseren Verhältnissen geblieben sind. Nach einer guten Phase haben wir nicht in die Saison reingefunden und dann schnell nachgelassen. Wir haben in der Winterpause einen Schnitt gemacht und sind jetzt in der richtigen Richtung unterwegs. Der Trainer hat die Mannschaft erreicht, und die zieht auch sehr gut mit. Viele haben kritisiert, dass wir erfahrene Spieler gehen lassen. Aber wir wollten eine bessere Stimmung in die Kabine bekommen, damit Team und Trainer eine Einheit werden. Und da sind wir aktuell auf dem richtigen Weg.“

Rundschau: Die Transfers wären allerdings ohne externe Hilfe nicht möglich gewesen.

Küsters: „Das stimmt. Der Etat gab das natürlich nicht her. Deshalb einen großen Dank an Friedhelm Runge, der versprochen hat, den WSV zurück in ruhige Fahrwasser zu bringen. Wir haben acht neue Spieler geholt und sechs abgegeben. Davon haben vier einen neuen Verein gefunden, das ist in Corona-Zeiten sehr erfreulich.“

Rundschau: Damit ist der Verein aber weiterhin stark abhängig von Friedhelm Runge.

Küsters: „Es ist vor der Winterpause sonst niemand auf die sportliche Leitung zugekommen und hat gefragt, was notwendig ist, um die schwierige Lage zu verbessern. Manchmal habe ich das Gefühl, dass viele sagen: Der Friedhelm ist doch da, der macht das schon. In der Winterpause war diesmal auch nicht viel Zeit zum Handeln. Der Verwaltungsrat konnte leider auch nicht helfen, deshalb wurde das mit dem Vorstand besprochen. Für eine Stadt wie Wuppertal mit dem Stadion am Zoo kann es ja keine Option sein, in der Landesliga oder noch tiefer zu verschwinden. Dafür ist auch Friedhelm Runge eingesprungen, als die Not groß war. Unser gemeinsames Ziel kann nicht die Oberliga bedeuten.“

Rundschau: Die IHK sagt in ihrer Antwort auf den Runge-Brief, in der er Jörg Heynkes angegriffen hatte (wir berichteten), dass Profifußball das Ziel sein müsse. Diese Diskussion läuft in Wuppertal seit Jahren bzw. Jahrzehnten. Sie sind nun seit Sommer 2020 hier. Wie beurteilen Sie die Lage?

Küsters: „Zunächst einmal sollte man nicht vergessen, dass der WSV auch andere treue Sponsoren hat. Ihnen gilt ebenso der Dank, denn sie tragen mit dazu bei, dass wir zum Beispiel überhaupt in die Saison starten konnten. Natürlich polarisiert das Thema Runge. Und auch ich bin nicht immer einer Meinung mit ihm. Aber am Ende finden wir immer einen Konsens. Er will ja gar nicht, dass der Verein von ihm abhängig ist, sondern will zusammen mit anderen den Verein breiter aufstellen, damit kein Abhängigkeitsverhältnis mehr besteht. Er mischt sich absolut nicht ein, welche Spieler oder Trainer wir holen. Herr Runge hat gesagt, dass er den WSV zwei Jahre unterstützen will, ohne ein Amt zu übernehmen, und der Verein dann auf eigenen Beinen stehen muss. Er möchte natürlich Leute um sich haben, den er vertrauen kann. Im sportlichen Bereich, damit meine ich Vorstand Thomas Richter, Trainer Björn Mehnert, Chefscout Gaetano Manno und das gesamte Team drumherum, können wir uns absolut nicht beschweren. Herrn Runge mit Mikhail Ponomarev vom KFC Uerdingen zu vergleichen ist absurd. Er hat dem WSV in schwierigen Zeiten sehr geholfen, nachdem es ja auch in den sieben Jahren seit 2013, als er weg war, nicht so gut gelaufen ist.“

Rundschau: Es kracht im Verein in schlechter Regelmäßigkeit. Wie kann denn ein Zukunftsmodell aussehen?

Küsters: „Ich sage immer ,Verein kommt von vereinen‘. Es wird Zeit, dass mehr Gespräche im größeren Rahmen geführt werden und wir alle gemeinsam nach vorne schauen. Der WSV arbeitet unter Profibedingungen, ist strukturell aber nicht so aufgestellt. Daniel Grebe macht mit viel Engagement das Marketing, ist aber auch Spieler. Deshalb ist die Zahl seiner Termine begrenzt. Unsere Vorstände Melanie Drees und Thomas Richter haben Hauptjobs, kümmern sich daneben noch um so viel wie möglich. Wir brauchen viele weitere Fachleute.“

Rundschau: Wie realistisch ist eine Rückkehr in den Profibereich? Die 3. Liga gilt als Millionengrab, der Weg in die 2. Liga ist noch länger …

Küsters: „Ich habe die Vision der IHK mit Freude aufgefasst. Es zeigt, dass die Wirtschaft den WSV als positiv für die Stadt und als Aushängeschild sieht. Auch die Gedankenspiele der Sportverwaltung mit Amtsleiterin Alexandra Szlagowski und ihrem Team, mit denen wir sehr konstruktiv zusammenarbeiten und denen wir sehr danken, zu überlegen, wie man etwa den Rasen in einen besseren Zustand bringen kann, obwohl ja unsere Platzwarte alles geben, sind sehr erfreulich. Ich bin ehrgeizig und kann schlecht verlieren. Für Diskussionen über einen Rückzug in die Oberliga oder woanders hin bin ich nicht zu haben. Wir haben jetzt eine gute Mannschaft mit Perspektive. Dies kann die Grundlage sein, auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen zu schaffen, um die Zeit nach Runge erfolgreich zu meistern. Natürlich bleibt die 3. Liga ein Ziel, allerdings mittelfristig. In der kommenden Saison wollen wir einfach möglichst viele ärgern.“

Rundschau: Aber wie soll das funktionieren?

Küsters: „Das alles ist natürlich nicht in einem halben Jahr möglich. Dafür ist auch die aktuelle Saison nicht gut verlaufen. Wir möchten 2021/22 weiter oben und viel besser spielen. Das ist das Ziel. Gleichzeitig gilt es, Sponsoren anzusprechen und den Verein insgesamt breiter aufzustellen. Die aktuellen Ergebnisse helfen dabei, und wir wollen im sportlichen Bereich in den kommenden Wochen und Monaten weiter dazu beitragen. Gaetano Manno ist viel unterwegs. Wir können natürlich nicht ganz oben ins Regal greifen, aber Spieler mit Qualität holen. Ich habe jedenfalls große Lust auf die Arbeit beim WSV. Und ich hoffe, wir können viele mitnehmen.“

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