Während die Grippe (Influenza) vielen Menschen als Krankheit mit potenziell ernstem Verlauf bekannt ist, wird RSV aber noch immer unterschätzt. „RSV wurde oftmals als Problem bei Säuglingen und Kleinkindern betrachtet. Man hat erst jetzt realisiert, welches doch erhebliche Risiko RSV auch für ältere Menschen darstellt“, erklärt Prof. Dr. Thomas Weinke, Facharzt für Innere Medizin, Gastroenterologie, Infektiologie und Tropenmedizin.
Verwechslungsgefahr: RSV & Grippe
Ob in Bus und Bahn, beim Familienbesuch oder im Supermarkt: Wie die Grippe verbreitet sich RSV über Tröpfchen in der Luft – beim Husten, Niesen oder Sprechen – und kann die Atemwege befallen. Aber auch über Oberflächen findet das Virus seinen Weg: Ein Husten in die Hand, ein Griff zur Türklinke – und schon haften die Viren am Metallgriff. Wer anschließend die virenbesetzte Oberfläche berührt und sich danach in Augen, Mund oder Nase fasst, kann sich anstecken.
Neben den Übertragungswegen ähneln sich RSV und Grippe auch im Hinblick auf die möglichen Symptome. Dazu zählen Husten, Fieber, Gliederschmerzen und Schnupfen. Ob Grippe- oder RS-Viren dahinterstecken, lässt sich nur mithilfe eines Labortests herausfinden.
Was viele Menschen zu RSV überrascht: „Eine Infektion mit dem Virus führt zu keiner dauerhaften Immunität, also zu keinem anhaltenden Schutz vor weiteren Infektionen“, betont Prof. Dr. Weinke. Das Gleiche gilt für Grippeviren – auch sie können im Laufe des Lebens immer wieder Erkrankungen auslösen.
Unsichtbar ansteckend: Warum RSV so tückisch ist
Für gesunde Erwachsene verläuft eine RSV-Infektion häufig mild, manchmal sogar ganz ohne spürbare Symptome. Und genau das macht sie so tückisch: Wer sich gesund fühlt, geht seinem Alltag wie gewohnt nach – in der Annahme, niemanden zu gefährden. Dabei kann das Virus längst aktiv weitergegeben werden. Hinzu kommt: RSV ist besonders infektiös. Studien zeigen, dass es bis zu dreimal ansteckender sein kann als die klassische Grippe. Gleichzeitig ist die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Ansteckung und ersten Symptomen, länger. Eine gefährliche Kombination, die die Verbreitung zusätzlich begünstigt.
Achtung, Luftnot: Diese Folgen drohen Risikogruppen
RSV kann besonders für ältere Personen sowie für Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder chronischen Vorerkrankungen gefährlich werden. Bei diesen Risikogruppen drohen schwere Verläufe und ernsthafte Komplikationen.
„Es kann zum Beispiel zu Luftnot kommen. Im Extremfall müssen die Betroffenen stationär aufgenommen werden“, berichtet Prof. Dr. Weinke. Bei besonders schweren Verläufen könne es sogar „auch zu Todesfällen kommen“.
Zur Veranschaulichung: Pro Jahr werden in Deutschland rund 380.000 RSV-Erkrankungen gemeldet – etwa 10 Prozent davon enden im Krankenhaus und bis zu 2.500 Fälle tödlich.
Schutzoptionen: Warum die Impfung so wichtig ist
Zählen Sie zu einer Risikogruppe? Dann sollten Sie vorbeugen – auch wenn Sie sich gesund fühlen. Neben klassischen Maßnahmen wie dem Tragen einer Atemschutzmaske und der Händedesinfektion gibt es für Ältere seit einigen Jahren noch eine weitere Schutzoption: die RSV-Impfung.
„Mit der RSV-Impfung haben wir ein fantastisches Mittel in der Hand. Man hat in wissenschaftlichen Studien gezeigt, wie gut und effektiv RSV-Impfungen wirken“, sagt Prof. Dr. Weinke. „Die Effektivität, schwere Verläufe, Todesfälle und stationäre Aufnahmen zu verhindern, liegt bei etwa 80 Prozent“, so der Facharzt weiter.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die RSV-Impfung allen Menschen ab 75 Jahren sowie Personen zwischen 60 und 74, bei denen bestimmte Grunderkrankungen wie Herz-, Lungen- oder Tumorkrankheiten vorliegen. Die Impfempfehlung gilt ebenfalls für Bewohner von Pflegeeinrichtungen.
Gut zu wissen: Die Impfung lässt sich auch im Sommer verabreichen, da die Wirkung nach bisherigen Erkenntnissen weit über eine Saison hinaus anhält.