Primark: "Wegwerfmodehaus"

Mit etwa 70 Gästen war der "TalDisput"-Saal in der "Villa Media" gut gefüllt. Die Diskussion über die Ansiedlung von Primark am Döppersberg lief emotional. Aber an den Fakten ändert sich nichts.

Neun Positionen kamen zu Wort: Gewerkschafter Daniel Kolle, Wuppertal-Institut-Präsident Uwe Schneidewind, Sabine Schmidt vom Katholikenrat und der Historiker Detlef Vonde übernahmen den "Experten"-Part. Für die Verwaltung sprach Stadtdirektor Johannes Slawig, die Stadtpolitik vertraten SPD, CDU, Grüne und FDP. Die Linken waren nicht eingeladen. Eindeutig die Stimmung im Publikum — contra Primark. Aber: Wenn deren Geschäfte irgendwo öffnen, gibt es regelmäßig Käuferanstürme in 10.000er Größenordnungen. Diese Kaufkraft will die politische Mehrheit auch nach Wuppertal holen, Kämmerer Slawig denkt an Steuern und Jobs

Daniel Kolle blickt dabei auf die seiner Aussage nach "nicht tarifübliche" Bezahlung, die totale Kameraüberwachung — und den Zusammenhang von Preis- und Lohndumping. Sabine Schmidt erinnerte daran, dass wenn ein T-Shirt nur drei Euro koste, andere "dafür draufzahlen müssen". Die Produktionsbedingungen in den Ländern, in denen Primark seine Ware herstellen lässt, stehen seit Monaten in der Kritik. Detlef Vonde beschrieb eine auf reiner Ökonomie fußende Stadtentwicklung. Sein Statement: "Die Marke Primark passt nicht zur historischen Marke der Stadt Wuppertal." Ausgesprochen plakativ positionierte sich Uwe Schneidewind: "Ein Nachhaltigkeitsinstitut wie unseres ganz nahe bei einem Wegwerfmodehaus. Typisch Wuppertal. Das bringt eine spannende Debatte, die man aber auch führen muss."

Die politischen Positionen brachten wenig Überraschungen: Thomas Kring (SPD) kann zwar "persönlich mit Primark nichts anfangen, möchte aber die jungen Leute nicht anderswohin laufen lassen". Michael Müller (CDU) sorgte mit der Einlassung für Rumoren im Saal, die Politik habe "hier keinen Einfluss gehabt, da es um eine 80-Millionen-Investition gegangen" sei. Lautstarke Proteste, als Müller zu Protokoll gab: "Einem Investor vorzuschreiben, welchen Mieter er nehmen soll, ist nicht meine Vorstellung von Politik."

Ganz anders Marc Schulz (Grüne): "In Wuppertal wird bebaut, was bebaut werden kann. Und zwar ohne irgendwelches Selbstbewusstsein der Stadt." Marcel Hafke (FDP) machte es kurz: "Lieber ein Park statt Primark. Oder eben einen besseren Mieter."

Die Park- beziehungsweise Freiflächen-Idee kam beim Publikum (lautstark) gut an. Nicht jedoch bei Kämmerer Slawig: "Der Investor diskutiert nicht über seinen Mieter. Und eine grüne Wiese vor dem Hauptbahnhof wäre ein Armutszeugnis."

Zugeschaltet war auch Außenpublikum per Internet-Livestream — und konnte Fragen stellen. Wo Primark seine Steuern zahlt, blieb unbeantwortet. Auch zur Höhe der Steuereinnahmen gab es keine Auskunft — Steuergeheimnis. Den Grundstückspreis, so Johannes Slawig, erfährt zuerst der Stadtrat — und wer die anderen vier Investoren waren, die auch Interesse am Döppersberg hatten, erfährt (öffentlich) gar niemand.

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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