Forschung in Wuppertal Wie viele Elektrofahrzeuge hält das Stromnetz aus?

Wuppertal · Bislang werden rund 0,5 Prozent aller zugelassenen PKW elektrisch betrieben. Studien gehen jedoch davon aus, dass bis zum Jahr 2050 auf Deutschlands Straßen 40 Millionen Elektrofahrzeuge unterwegs sein könnten. Was passiert mit den Stromnetzen, wenn ein Großteil der Bevölkerung in Zukunft mit Elektrofahrzeugen fährt? Dieser Frage gehen Forscherinnen und Forscher am Lehrstuhl für Elektrische Energieversorgungstechnik der Bergischen Universität Wuppertal unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Markus Zdrallek nach.

 Prof. Dr.-Ing. Zdrallek im Hochspannungslabor der Universität.

Prof. Dr.-Ing. Zdrallek im Hochspannungslabor der Universität.

Foto: Bergische Uni

„Um die künftige Integration der Elektrofahrzeuge zu bewältigen, fragen sich Verteilungsnetzbetreiber bereits heute, welche Punkte im Netz besonders kritisch sind und mit welchen Technologien diesen Herausforderungen begegnet werden kann. Dies ist auch notwendig, da Betriebsmittel in elektrischen Netzen, beispielsweise Leitungen und Transformatoren, häufig Nutzungsdauern von 40 Jahren und mehr aufweisen“, erklärt Prof. Zdrallek. Für eine realitätsgerechte Analyse der örtlichen Stromnetze ist es wesentlich, zukünftige Standorte und Ladeleistungen von Elektrofahrzeugnutzerinnen und -nutzer möglichst genau zu bestimmen. „Zur Standortanalyse greifen wir zum Beispiel auf Daten zur Bevölkerungsstruktur und Gebäudedaten zurück. Ebenso werden Daten zu öffentlichen Parkplätzen, Parkhäusern, Tiefgaragen und privaten Stell- und Garagenflächen für die Analyse herangezogen“, erklärt Prof. Zdrallek.

Auch das zeitliche Ladeverhalten von Elektrofahrzeugnutzerinnen und -nutzer wird in die Planung der Stromnetze einbezogen. Hier haben Forscherinnen und Forscher des Lehrstuhls in mehreren Projekten ein Modell entwickelt, mit dem das Ladeverhalten simuliert werden kann. Das simulierte Verhalten der Fahrzeugnutzerinnen und -nutzer basiert auf den Studien „Mobilität in Deutschland 2008“ und „Mobilität in Deutschland 2018“, in denen jeweils mehr als 100.000 Haushalte zu ihrem Mobilitätsverhalten befragt wurden. Auf dieser Grundlage lassen sich Wegziele, aber auch zurückgelegte Strecken ermitteln. Außerdem wird berücksichtigt, wie viele Fahrzeuge in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Ladeleistung gleichzeitig im Netz laden. „Dies ist wichtig für die Dimensionierung von Transformatoren und Leitungen, da mit steigender Anzahl von Elektrofahrzeugen im Netz die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass alle Fahrzeuge gleichzeitig mit voller Leistung geladen werden“, so Prof. Zdrallek weiter.

In einem breit angelegten Forschungsvorhaben entwickelt ein Forschungsteam aktuell Planungs- und Betriebsgrundsätze für städtische Verteilungsnetze, die zusätzlich zu konventionellem Ausbau der Netze auch innovative Technologien wie intelligente Ladesteuerungen für Elektrofahrzeuge berücksichtigen.

Unterstützung erhalten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von verschiedenen Betreibern großstädtischer Netze: Die „DREWAG NETZ GmbH“ (Dresden), die enercity Netzgesellschaft mbH (Hannover), die Erlanger Stadtwerke AG, die Rheinische NETZGesellschaft mbH (Köln), die Stromnetz Berlin GmbH und die Stuttgart Netze Betrieb GmbH begleiten das Forschungsprojekt fachlich und bringen wichtige Erfahrungen und Impulse aus der Praxis ein. An dem Forschungsvorhaben direkt beteiligt ist auch die Siemens AG, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Erfahrungen im Bereich der Netzplanung von Hochspannungsnetzen einbringen.

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