Leserbrief „Sicher ein falsches Zeichen“

Wuppertal · Betr.: ÖPNV-Tarifreform des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR)

Das Deutschlandticket ist Teil der VRR-Tarifreform.

Foto: Christoph Petersen

Am 1. September 2024 staunten nicht wenige, dass es in den Bussen kein 4er- und 24-Stunden-Ticket mehr zu erwerben gab. Notgedrungen stand nun der Kauf eines Einzeltickets zum Preis von 3,40 Euro an. Bei einer Fahrt hin und zurück waren dies 0,55 Euro und damit 8,8 Prozent mehr.

Richtig teuer wurde es für Gruppen von fünf Personen, die mehr als zwei Fahrten am Tag unternahmen und nicht die Möglichkeit hatten, ein 24-Stunden-Ticket im Vorfeld zu erwerben. So waren fünf Personen, drei Fahrten vor dem 1. September mit einem 24-Stunden-Ticket für fünf Personen mit 29,30 Euro, statt nach dem 1. September mit 51 Euro, gut bedient. Satte Mehrkosten von 21,70 Euro oder 74 Prozent.

Am 1. Januar 2025 erhöhte dann der VRR die Preise offiziell um durchschnittlich 5,5 Prozent. Wer jetzt glaubt, das war es für dieses Jahr und die nächste Erhöhung stünde erst wieder Anfang 2026 an, wird leider enttäuscht. Der nächste Preisanstieg für einige Tickets und Fahrten wird es schon am 1.März 2025 geben. Und dies im Zuge der versprochen und von VRR hochgelobten Tarifumstellung.

Die Vereinfachung des Ticketsystems rund um das Deutschland- und das NRW-eezy-Ticket waren der Grund für die Tarifanpassung. Und richtig, die neue Preistabelle passt auf zwei DIN-A4-Seiten, bei der jetzt gültigen sind es noch vier Seiten. Es entfallen viele, scheinbar wenig genutzte Tickets. Unter anderem das „Ticket 1000“, das „YoungTicket“ und das Bärenticket. Nachvollziehbar, sind doch die meisten Monats- und Abotickets teurer als das Deutschlandticket.

Aber wie lange wird es noch das Deutschlandticket geben und wird es weiterhin billiger als das alte „Ticket 1000“ sein? Vor der Bundestagswahl wolle sich keiner trauen, es sterben zu lassen. Doch Bayerns Ministerpräsident Söder hält das Deutschlandticket in seiner jetzigen Form für nicht mehr haltbar. Der Bund soll es alleine finanzieren.

Neben den Preiserhöhungen am 1. Januar 2025 erfolgte schon eine Änderung in den Preisstufen A für alle Tickets außer dem 4-Stunden-Ticket. So entfiel die Unterscheidung in A1, A2 und A3, es gab nur noch einen Preis. Kaum verwunderlich, dass dies der Preis für Stufe A3 war. Falls man in einer Stadt mit Preisstufe A1 oder A2 wohnt, verteuerte sich das Ticket 2000 im Abo zwischen 4,40 Euro und 9,80 Euro.

Eine weitere Neuerung, die allerdings erst am 1. März 2025 in Kraft tritt, ist der Wegfall der Preisstufe D. Faktisch fällt aber nicht Preisstufe D weg, sondern Preisstufe C und Preisstufe D wird in C umbenannt. Eine Fahrt oder ein Ticket im Bereich der jetzigen Preisstufe C wird so teuer wie Preisstufe D jetzt. Hier wird es dann richtig teuer für die, die ihr Ticket 2000 aus welchen Gründen auch immer behalten wollen. Man zahlt 25 Prozent mehr, statt 201,70 Euro jetzt 252,50 Euro.

Für die einige Nutzer, die nicht oft genug mit dem ÖPNV unterwegs sind, lohnt sich ein Deutschlandticket nicht. Für sie kann es ebenfalls teurer werden und das zum zweiten Mal in diesem Jahr. So fällt unter anderem die Kurzstrecke weg. Das preiswerteste Ticket für Wenigfahrer mit Smartphone war das 10er Ticket. So kostet mit ihm jetzt eine Fahrt in der Preisstufe A umgerechnet 2,81 Euro. Auch dieses Ticket entfällt.

Preislich folgte das 4er-Ticket mit 3,30 Euro. Das Ticket wird es auch weiter geben, es wird aber teurer und kostet so viel wie vier Einzeltickets. Der Preisvorteil des 4er-Tickets entfällt. Unverständlich, es gibt keinen Anreiz mehr, es sich im Vorhinein zu kaufen, wenn man beim Busfahrer ein Ticket zum gleichen Preis beziehen kann. Dabei sollten doch gerade die Busfahrer entlastet werden und die Zeiten für den Verkauf entfallen.

Nimmt man den Wegfall des 10er-Tickets und die Umstellung der Preisstufen zusammen, so kann eine Fahrt von Wuppertal nach Krefeld auch mal gerne 65 Prozent teurer werden. Beim alten 4er-Ticket Preisstufe C zum neuen 4er-Ticket der neuen Preisstufe C sind es noch 40 Prozent. Kundenfreundlichkeit geht, glaube ich, anders.

Der VRR möchte uns gerne das eezy-Ticket schmackhaft machen. Ein Ticket, das am Smartphone beim Einstieg aktiviert und beim Ausstieg deaktiviert wird. Berechnet wird nach der Luftlinie zwischen Ein- und Ausstieg (0,29 Euro pro Kilometer plus 1,73 Euro Grundpreis). Maximum ist jeweils der Preis für ein Einzelticket in der Preisstufe. Durch den Grundpreis wird in der Stadt sehr schnell der Preis für ein Einzelticket fällig. Zum Ausprobieren kann man in der VRR-App einmal seine eigenen benutzten Strecken eingeben. Es wird der ungefähre Preis für die Fahrt angezeigt. Ob sich das eezy-Ticket lohnt, ist dann sehr individuell.

Nachteil des eezy-Tickets ist und bleiben das Smartphone und der Datenschutz. Wer kennt nicht Orte, an den es kein Internet gibt. Der Standortdienst muss immer eingeschaltet sein und die Batterie vollgeladen. Hängt das Smartphone oder die App, liegt das Betriebsrisiko beim Kunden und ein erhöhtes Beförderungsgeld von 60 Euro wird fällig. Und will man wirklich, dass die Verkehrsunternehmen Start-, Zielort, die Zeiten und Fahrstrecke speichern und mir zuordnen können?

Steht man beim Umsteigen an einer Haltestelle oder Bahnhof und das Verkehrsmittel hat Verspätung oder fällt aus, so konnte man beim Papierticket noch auf Nachsicht hoffen, falls man später kontrolliert wurde und das Ticket die maximale Dauer überschritten hatte. In der eezy-App bucht das Programm beim Überschreiten einfach ein zweites Ticket. Da ist es auch wenig tröstlich, wenn es innerhalb des VRR einen 24-Stunden-Preisdeckel von 28,90 Euro gibt. Fährt man noch in oder durch andere Preisverbünde von NRW, sind es 34,50 Euro.

Auch in einem anderen Fall bucht die App einfach ein zweites Ticket. Gibt es keine Verbindung, die annähernd Luftlinie darstellt, so kann es bei großen Abweichungen zum zweiten Ticket kommen. Und zwar dann, wenn der Umweg gezwungen oder freiwillig, weil schneller, einen Punkt erreicht, der weiter als dreimal die Luftlinie zwischen Start- und Zielort betragt. Was im Ländlichen nicht ungewöhnlich ist, wenn es zwischen zwei kleinen Orten keine direkte Verbindung gibt und man einen Umweg über eine größere Stadt machen muss.

Kommen wir zum Guten innerhalb des Negativen. Noch bis zum 28. Februar 2025 gekaufte 4er-Tickets (günstiger als vier Einzelfahrten) behalten bis Ende März nächsten Jahres ihre Gültigkeit. Ebenso können bis dahin gekaufte Tickets der Preisstufe C im ganzen Tarifgebiet VRR (zurzeit Preisstufe D) benutzt werden. Dies bestätigten mir die VRR-Hotline und die WSW-Geschäftsstelle Elberfeld. Dort und bei der WSW-Hotline versicherte man mir auch, dass das 10er-Ticket in der App bis Ende des Jahres erhalten bleibt, wenn es vor dem 1. März 2025 gekauft wurde. Leider kann man immer nur ein 10er-Ticket aktiv haben, also nicht mehrere auf Vorrat kaufen.

Für Wenig- und Spontannutzer wird in vielen Fällen der ÖPNV teuer und nicht mehr so attraktiv. Sicher ein falsches Zeichen, um Menschen vom Auto in Bus und Bahn zu bekommen. Dies gilt besonders für Menschen ohne Smartphone und durch das beschränkte Kaufangebot an Tickets im Bus durch den Fahrer. Ebenso für die, die sich die Tickets nicht vorher am Automaten, in den Geschäftsstellen oder am Kiosk kaufen können.

Man stelle sich mal den Aufschrei der Autofahrer vor, wenn die Tankstellen nur noch ihre Premium-Kraftstoffe verkaufen. Und den Verkauf von Diesel, E10 und E5 einstellen würden. Begründung: einfache Lagerhaltung.

Kleiner Hinweis noch: Der VRR ist kein Privatunternehmen. Er wird von den teilnehmenden Städten und damit von unseren Kommunal-Politikern kontrolliert.

Wolfhard Winkelströter

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