Ich war um die zehn Jahre alt. Meine Mutter hat einen Blumenladen geführt und die Weihnachtszeit war immer Hauptsaison. Ab frühen Nachmittag hat mich mein Vater immer auf Auslieferungstour mitgenommen, der Kombi vollgepackt bis unters Dach mit Gebinden und Adventsgestecken. Ich habe die Ware dann immer an der Haustüre geliefert.
Schon zu dieser Zeit gab es, besonders in den Villenvierteln, was Trinkgeld anbelangt, echte Knauser. Herr Dreßler hatte damals mit seiner Familie sehr bodenständig in einer Reihenhaussiedlung gewohnt. Ich wusste damals darum, Rudolf Dreßler ist ein wichtiger Politiker der SPD, so wie auch Johannes Rau. Er hatte mir die Tür selbst mit einem unvergesslichen breiten Lächeln geöffnet und mit seiner warmen sonoren Stimme ein schönes Weihnachtsfest gewünscht und mir einen Heiermann in die Hand gedrückt. Das war das einzige Mal, fünf Mark Trinkgeld bekommen zu haben.
Noch mehr aber sind mir diese so freundliche Begegnung und seine unverkennbare Stimme in Erinnerung geblieben, und ich habe sein politisches Wirken bis hin als Botschafter Deutschlands in Israel gerne mitverfolgt.
Thorsten Sippel
● Leserbrief an die Wuppertaler Rundschau: redaktion@wuppertaler-rundschau.de
● Zu den Rundschau-Leserbriefen: hier klicken!
● Allgemeine Hinweise zur Veröffentlichung: hier klicken!