Briefe von Leserinnen und Lesern „Das sollte uns zu denken geben“

Wuppertal · Betr.: „Binsenweisheiten“, Leserbrief zum Ende der Amtszeit von Uwe Schneidewind

Uwe Schneidewind war von 2020 bis Oktober 2025 Wuppertals Oberbürgermeister.

Foto: Christoph Petersen

Was soll daran konstruktiv oder gar fair sein, einen Mann in dieser hochtrabenden Weise zu geißeln, der als Außenseiter in exponierter Position die Herkulesaufgabe gewagt hat, den routinierten, prioritär und leidenschaftlich am Eigeninteresse orientierten Parteienproporz auf einen überparteilichen, am Gemeinwohl orientierten Kurs einzustimmen? Der es mit der zukunftsfähigen Stadtentwicklung ernst meint und damit also die Inhalte vor das Eigeninteresse der Parteien stellt?

„Schneidewind verbindet“ – dieses glaubhaft ernst gemeinte Motto scheiterte am wenigsten am früheren OB. Was Herr Wilhelm als „Binsenweisheit eines Transformationswissenschaftlers“ abtut, hat sehr viel mit den Betonwänden zu tun, vor die die „Parteien der Mitte“ ihn mehrheitlich haben laufen lassen. Auch das klang – in moderater Form, wie sonst? – in der damaligen Rede des scheidenden Oberbürgermeisters an.

Das Problem scheint demnach grundsätzlicher zu sein und über die fünfjährige Amtszeit eines engagierten Oberbürgermeisters hinauszugehen. Was nun hat Herr Wilhelm konstruktiv zu dem offenkundigen Dauerdilemma unserer politischen Repräsentanz durch eine disfunktional parteigebundene Politikerkaste zu sagen? Offensichtlich nichts, was über die Personalisierung des Problems hinausgeht.

Der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog forderte 1997 in seiner noch heute beachteten Berliner Rede, es müsse „ein Ruck durch Deutschland“ gehen. Was daraus nach annähernd 30 Jahren trotz vieler Impulse aus der engagierten Bürgerschaft folgte, ist bei den etablierten politischen Parteien noch nicht einmal in homöopathischer Dosis angekommen.

Das sollte uns zu denken geben, anstatt auf einen einzutrimmen, der den Versuch wagte, neue Wege zu gehen.

Armin Brost

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