Briefe von Leserinnen und Lesern „Es geht längst nicht mehr nur um Fußball“

Wuppertal · Betr.: Der Wuppertaler SV, die Wirtschaft und die Politik

Die WSV-Verantwortlichen stehen im Fokus.

Foto: Dirk Freund

Der den Wuppertaler SV liebt, braucht in diesen Tagen ein starkes Nervenkostüm. Sportlich kämpft der Verein um Stabilität, strukturell herrscht seit Jahren ein Dauerkrisenmodus – und doch scheint die Misere weniger ein reines Vereinsproblem zu sein als vielmehr Ausdruck eines viel größeren Versagens: dem mangelnden Rückhalt durch die Wuppertaler Wirtschaft und Politik.

Es ist beschämend, wie wenig sich eine Stadt dieser Größe zu ihrem größten Sportverein bekennt. Während in anderen Städten regionale Unternehmen stolz hinter ihren Klubs stehen, herrscht in Wuppertal auffällige Zurückhaltung. Sponsoring wird hier zu oft als lästige Pflicht statt als Chance verstanden – als hätte man nicht längst begriffen, welche Strahlkraft ein gut geführter Traditionsverein für eine Stadt entfalten kann. Der WSV ist nicht irgendein Freizeitverein. Er ist Identitätsträger, Imagefaktor, sozialer Treffpunkt, Integrationsmotor und stolz gelebte Stadtgeschichte.

Auch die Stadtpolitik macht es sich seit Jahren allzu bequem. Während anderswo moderne Sportstätten entstehen und Kommunen aktiv helfen, die Rahmenbedingungen für Profi- wie Nachwuchsarbeit zu verbessern, gibt Wuppertal – freundlich formuliert – ein Bild der Passivität ab. Lippenbekenntnisse ersetzen kein echtes Engagement, und strukturelle Probleme lassen sich nicht mit guten Worten übertünchen. Seit Jahrzehnten wird bei der Sanierung des Stadions nur Flickschusterei betrieben. Wer will, dass der WSV eine Zukunft hat, muss ihn auch politisch ernst nehmen.

Es geht längst nicht mehr nur um Fußball. Es geht um die Frage, wie viel uns kulturelle und sportliche Identität wert ist. Wollen wir eine Stadt sein, die ihren wichtigsten Verein verkommen lässt – oder eine, die versteht, dass sportlicher Erfolg und gesellschaftlicher Zusammenhalt Hand in Hand gehen?

Der WSV braucht Unterstützung. Aber vor allem braucht Wuppertal endlich den Mut, Verantwortung zu übernehmen. Jetzt – und nicht erst dann, wenn es zu spät ist.

Hans Spengler

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