Briefe von Leserinnen und Lesern „Ohne zu missionieren und ohne Recht zu haben“

Wuppertal · Betr.: Artikel „Glockenabschied am Kolk: Aus Wuppertal nach Slowenien“, Rundschau vom 22. November 2025

Die Glocken am Boden.

Foto: Rüdiger Raschke/Gemeinde Elberfeld-Nord

Nun sind sie weg – die Glocken der Kirche am Kolk. In mir löste der Bericht ein Schmerzgefühl aus. Es war ein gewaltiger Klang, den diese sechs Glocken erschallen ließen, wenn sie so nacheinander sich hinein fügten in den Gesamtklang, am Ende untermalt und tief gegründet durch die Bass-Glocke. Wunderbar!

Ich glaube, nur an den großen Feiertagen ließ man alle sechs erklingen, doch habe ich sie hin und wieder auch wochentags um 18 Uhr gehört. Ich blieb dann stehen, wenn ich in der Nähe war, und lauschte hingerissen dem Klanggebirge.

Und dann stellte ich mir vor: Auf diesen großen Glocken-Ruf hin müssten sich die Tore öffnen und die Menschen in den großen erleuchteten Kirchenbau strömen, um dort dem „Großen, Wahren und Guten“ zu begegnen und danach erfüllt und ermutigt wieder in den Alltag zu gehen. So war es ja wohl auch gemeint mit der „Frohen Botschaft“ des Christentums.

Aber irgendwie ist es so gekommen, dass so etwas fast niemanden mehr interessiert, dass kaum jemand so eine Botschaft mehr hören möchte, zumindest nicht in der gewohnten Form. Weshalb die Kirchen ja auch schließen. Dennoch denke ich, dass es diese Sehnsucht nach dem Guten, dem Wahren, dem Schönen, dem tieferen Sinn unseres Lebens immer noch gibt. Religionen wollen darauf eine Antwort geben, Philosophien auch und Poesie und Kunst.

Und dann habe ich geträumt: Wie, wenn sich die Türen öffneten für eine Art interreligiöse „Andacht“ oder Feier? Wenn tiefe Weisheiten aus allen Religionen und Weltanschauungen miteinander geteilt würden, in einer von wechselnden Gruppen gestalteten Stunde mit Lesung, Gesang, Musik, kleinen Ritualen, künstlerischen Mitteln etc. – und zwar ohne zu missionieren und ohne Recht zu haben. Nur um zu geben und zu nehmen und sich innerlich gegenseitig zu bereichern.

Ja, so habe ich geträumt …

Gerlinde Lambeck

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