Leserbrief „Andere Städte leben von ihren Traditionen“

Betr.: Zustand des früheren Abeler-Hauses in der Poststraße

Das ehemalige Abeler-Haus.

Das ehemalige Abeler-Haus.

Foto: Achim Otto

Danke, man erfährt so nebenbei, dass das „Glockenspielhaus“ Abeler in der Poststraße wohl an „irgendwen“ verkauft wurde. Der momentan marode Zustand ist nicht nur peinlich. Auch eine Katastrophe für die Stadt.

Heute kaum vorstellbar, dass ich dort ab 1976 mal meine Lehre gemacht habe. Da waren Vater Georg und Sohn Jürgen Abeler noch die Patriarchen. Ich erlebte, als Georg Abeler 1976 seinen 70. Geburtstag feierte. Man schwelgte in Traditionen. Wenn das Glockenspiel erklang, standen Trauben von Menschen vor dem Haus. Jedoch mit der Auflösung des Uhrenmuseums fing im September 2016 der Untergang an.

Ich erinnere mich noch sehr gut an den Wandspruch im Uhrenmuseum, durch das auch ich damals Besuchergruppen führen durfte. Da stand: „Wohl dem, der seiner Väter gern gedenkt!“ Das hat die nachfolgende Generation wahrscheinlich längst vergessen und verdrängt.

Als ich kürzlich durch die Poststraße kam, sah ich ein entsetztes Ehepaar kopfschüttelnd auf die Ruine blicken. Das Abeler-Haus, wahrscheinlich ohne Denkmalschutz in die Jahre gekommen, wird vom neuen Besitzer möglicherweise irgendwann abgerissen, weil ein Glockenspiel in Zeiten von Streaming-Diensten und Social Media wohl als total altmodisch gilt und sich eine Stadtverwaltung eben nicht in private Angelegenheiten einmischt.

Ich finde dennoch, ein Traditionshaus ist auch im 21. Jahrhundert kein alter Schrank vom Opa, den man einfach auf den Sperrmüll stellt. Andere Städte leben von ihren Traditionen. Die Wuppertaler haben dafür wohl wenig Sinn.

Geht es heute nur noch um Profit und Gewinnmaximierung?

Matthias Müller

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