Briefe von Leserinnen und Lesern „Verkennt die Realität unseres Berufsalltags“

Wuppertal · Betr.: Leserbriefe „Einfach mal einen Besen in die Hand nehmen“ vom 18. September 2025 und „Starten den Krawall spätestens um 7 Uhr“ vom 22. September 2025

Auch der Eigenbetrieb Stadtreinigung (ESW) hat im Herbst einiges zu tun.

Foto: ESW

Sehr geehrte Frau Büttgenbach, sehr geehrter Herr Paetsch,

Ihre Beiträge vermitteln den Eindruck, Gärtnerinnen und Gärtner würden aus Bequemlichkeit mit Maschinen arbeiten und damit mutwillig Lärm und Belastung verursachen. Diese Darstellung greift jedoch zu kurz und verkennt die Realität unseres Berufsalltags.

Wir bewegen täglich Tonnen an Material – Steine, Erde, Rindenmulch – und sorgen durch Bepflanzungen und Pflege dafür, dass Artenvielfalt und Biodiversität im urbanen Raum erhalten und gefördert werden. Der Satz „Einfach mal den Besen nehmen“ klingt leicht, bedeutet in der Praxis aber: deutlich mehr Arbeitszeit und damit höhere Kosten. Diese Mehrkosten sind Auftraggeber häufig nicht bereit zu tragen. Der Gärtner steht also zwischen den Erwartungen der Kundschaft („schnell, effizient, preiswert“) und dem Anspruch auf leise, emissionsarme Arbeit.

Ein weiterer Punkt: Gärtner gab es lange vor Homeoffice. Wir arbeiten im Freien, unter wechselnden Witterungsbedingungen und abhängig vom Tageslicht. Früher Arbeitsbeginn im Sommer ist nicht Bequemlichkeit, sondern Hitzeschutz. Eine offizielle „Mittagspause“ gibt es in unserem Arbeitsalltag kaum – sie existiert eher im Kleingartenverein als auf Baustellen. Ruhezeiten nach Maschinenverordnung sind theoretisch sinnvoll, praktisch aber kaum planbar, wenn mehrere Baustellen täglich zu betreuen sind.

Auch der Umstieg auf Akkugeräte ist keine einfache Entscheidung: Leistungsfähigkeit, Anschaffungskosten, Ladeinfrastruktur und Einsatzdauer müssen berücksichtigt werden. Wer fordert, dass ausschließlich mit Akku gearbeitet wird, muss auch beantworten: Wer finanziert die Umrüstung und akzeptiert die längere Arbeitszeit? Und wie sieht es im privaten Bereich aus, wo nach wie vor überwiegend mit Verbrennergeräten gearbeitet wird?

Am Ende ist der Gärtner nicht der Verursacher, sondern derjenige, der überhaupt erst gerufen wird, weil die Anwohner selbst keinen Besen in die Hand nehmen. Maschinen sind keine „Spielzeuge“, sondern Werkzeuge, die unsere Arbeit unter ökonomischen und zeitlichen Rahmenbedingungen erst möglich machen.

Mein Appell: Versetzen Sie sich in die Lage der Ausführenden. Wertschätzung und realistische Rahmenbedingungen sind notwendig, damit ökologische und gesellschaftliche Erwartungen tatsächlich erfüllt werden können.

David (der Gärtner) Fresen

Leserbrief an die Wuppertaler Rundschau: redaktion@wuppertaler-rundschau.de

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