Plädoyer für die Erhaltung des Bau-Komplexes der Pädagogischen Hochschule Besonderer stadtgeschichtlicher Ort

Betr.: Abriss der Pädagogischen Hochschule auf der Hardt

Was hat die Stadt mit dem Gebäude der ehemaligen Pädagogischen Akademie und seiner späteren Nutzung als Justizvollzugsschule vor?

In den letzten Jahren durfte das Gebäude, das 1958 eröffnet wurde, endlich wieder ganz im Sinne seiner pädagogischen Aufgabe dienen, nämlich als Ausweichort für die Schüler*innen des Dörpfeld-Gymnasiums. Weitere Gymnasien sollen jetzt folgen – wie das Johannes-Rau-Gymnasium, das dringend renoviert werden muss.

Nun aber hat der Rat der Stadt Wuppertal beschlossen, dieses denkwürdige Gebäude abreißen zu lassen, und will den Schüler*innen eine Containerschule anbieten, um danach „weiterzusehen“. In der betreffenden Ratssitzung verlegte der Stadtrat die Eröffnung der Pädagogischen Hochschule in das Jahr 1968, statt 1958, das sicher versehentlich.

Nimmt man die Gebäude von außen wahr, so fällt auf, dass sie sehr sinnvoll und der Region entsprechend renoviert wurden. Besonders bei den Außenwänden der Aula sticht die wohl nachträglich aufgebrachte Wandbekleidung aus Schiefer ins Auge. Eine Wandverkleidung, die den heutigen Ansprüchen einer Wärme-Isolierung entsprechen dürfte. Schiefer bedeckt sowieso die gesamten Dachflächen. Das Dach wurde vorbildlich mit Photovoltaik ausgestattet. Ein Abriss würde wertvolles Baumaterial zerstören.

Dass ein Wasserschaden, der, man kann es von außerhalb des Geländes nicht beurteilen, den Abriss des gesamten Gebäudes notwendig machen soll, lässt einen mit dem Wunsch zurück, doch bitte genauer darüber unterrichtet zu werden!

Was aber macht dieses Gebäude so denkwürdig? Leider wurde versäumt, es seiner Bedeutung wegen unter Denkmalschutz zu stellen! So wie die Schwebebahn, die mit horrenden Steuersummen kaputtrenoviert/-saniert wurde. Von den Aliierten wurde ein Wiederaufbau Deutschlands unter demokratischen Vorzeichen gefordert und überwacht. Menschen wie Dietrich Bonhoeffer und vielen anderen war dies ein zutiefst persönliches Anliegen, an dem sie schon lange vor, während und nach der Hitlerzeit gearbeitet haben. Dass Wuppertal Ort dieser Bemühungen, in Deutschland demokratische Werte zu entwickeln, werden konnte und durfte, müsste der Stadt ein Anliegen sein, diese Bewegung zu bewahren, zu ehren und weiter zu pflegen und in die Welt zu tragen.

Stadtgeschichtlich handelt es sich bei dieser Pädagogischen Akademie und späteren Hochschule um einen ganz besonderen Ort, der es schaffte, über die Grenzen Wuppertals hinaus Wirkung und Ausstrahlung zu entwickeln.

„Von hier aus entwickelten sich Netzwerke, die über Jahrzehnte das demokratische Bewusstsein der Bonner Republik mitprägten“, so schreibt die Professorin Dr. Gertrude Cepl-Kaufmann, Leiterin des Instituts „Moderne im Rheinland“ an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, in ihrem Plädoyer für den Erhalt der PH Wuppertal am 29. Mai 2019 an die Stadt Wuppertal. „Große Persönlichkeiten von Friedrich Engels bis Johannes Rau binden sich an diese Stadt. Der Peter Hammer Verlag brachte globale geistige Strömungen in die bergische Metropole.“

Für die Leitung dieser Einrichtung, die mit einer besonderen Aufgabe betraut sein sollte und war, war Dietrich Bonhoeffer vorgesehen, der noch in den letzten Tagen der Nazizeit hingerichtet wurde.

Mit dem Abriss dieses Gebäudes auf dem „Heiligen Berg“ Wuppertals – die ehemalige Pädagogische Akademie stand in engem Verbund mit der Kirchlichen Hochschule –, würde Wuppertal sich selbst eines besonderen geistigen Merkmals berauben. Und das in einer Zeit, in der die Befürworter eines nationalistischen Denkens wie unessbare Pilze wieder aus dem Boden sprießen.

Kann das im Sinne eines fürsorglichen Wuppertaler Rates sein?

Sieglinde Kaßbaum

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