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Wuppertal: Generalmusikdirektorin Julia Jones über die neue Spielzeit

Interview mit Wuppertals Generalmusikdirektorin Julia Jones : „Jeden musikalischen Moment gemeinsam auskosten“

Im Vorfeld der neuen Spielzeit der Wuppertaler Bühnen blickt auch das Sinfonieorchester – trotz der noch immer aktuellen Auswirkungen von Corona – offensiv nach vorn. Rundschau-Redakteur Stefan Seitz stellte Generalmusikdirektorin Julia Jones vier Fragen.

Rundschau: Wie ist das Sinfonieorchester Wuppertal durch die Zeit von Corona gekommen und welche Erfahrungen hat das Orchester dabei gesammelt?

Julia Jones: „Leider sind wir als Orchester weit davon entfernt, durch die Krise gekommen zu sein. Wir wissen nicht, wann wir wieder in gewohnter Form spielen können. Ein Orchester ist groß, sehr viele Menschen sind auf engem Raum beisammen. Wir müssen jetzt umdenken und überlegen, in welcher Form wir unter den gegebenen Bedingungen unsere Programme spielen können. Welche Bedingungen uns im Herbst erwarten, ist noch ungewiss. Wir hoffen aber und wollen unbedingt so bald wie möglich wieder live vor Publikum spielen! Ich denke, wir haben in den letzten Wochen gelernt, das ,normale Leben als Musiker’ noch mehr zu schätzen. Und wir haben erfahren, wie es ist, wenn wir ,ausgebremst werden’ und über mehrere Monate still halten müssen. Das ist für einen Orchestermusiker, der Teil einen grossen Apparats ist und jeden Tag mit seinen Kolleginnen und Kollegen den Orchesterklang erlebt und wunderbare Musik spielt, extrem ungewöhnlich und schwer. Für mich als Dirigentin ist das eine Katastrophe. Ich schlage gerade heiße Luft! Aber die Musikerinnen und Musiker haben die Zeit genutzt, kreativ zu sein und haben mit viel Fantasie verschiedene Ideen umgesetzt. Daraus sind unter anderem digitale Formate entstanden, die auf der Website des Sinfonieorchesters zu finden sind.

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Rundschau: Welche Schwerpunkte setzt das Programm für die neue Spielzeit?

Jones: „In der ersten Hälfte der Spielzeit 2020/21 widmen wir uns dem Jubilar Ludwig van Beethoven. Das Beethovenjahr gipfelt bei uns im 4. Sinfoniekonzert in seiner 9. Sinfonie mit der ,Ode an die Freude’. Aber auch andere ,sinfonische Riesen’ warten auf die Wuppertalerinnen und Wuppertaler. Nach langer Zeit kommt Gustav Mahlers ,Auferstehungssinfonie’ wieder und auch die 5. Sinfonie von Anton Bruckner steht auf dem Programm. Ein weiterer gedanklicher Schwerpunkt liegt in der Bewegung. Die Programme sprechen vom Unterwegssein in der Fremde, von der Sehnsucht nach Heimat und von der Suche nach dem Paradies. Die Musik erzählt vom Dasein und vom Dahinschwinden. Vom Zögern und Stehenbleiben. Von Aufbruch und Flucht. Kurz gesagt – die Musik erzählt vom Leben! Außerdem beschäftige ich mich mit dem Naturschutz und dem Klimawandel. Als ich das Programm für das 10. Sinfoniekonzert zusammenstellte, dachte ich an Greta Thunberg, die bewusst mit dem Schiff bis in die USA reiste. Einer solchen Schiffsreise können wir in Maurice Ravels ,Une barque sur l’ocean’ nachspüren.

Rundschau: Wird Wuppertal etwas ganz Neues zu hören bekommen?

Jones: Die Wuppertalerinnen und Wuppertaler bekommen immer was Neues zu hören! Da passe ich sehr auf, dass Neues neben Bekanntem erklingt. Das ist meine Handschrift und das Publikum erwartet es inzwischen von uns. Auch wenn es in der kommenden Spielzeit keine Uraufführung geben wird, sind sehr viele neue Stücke dabei, die noch nie in unseren Konzerten in der Historischen Stadthalle Wuppertal erklungen sind, unter anderem Magnus Lindbergs ,Corrente II’ oder das Trompetenkonzert „Nobody knows de trouble I see“ von Bernd Alois Zimmermann. Und bei den ,Uptown Classics’ sind viele Werke dabei, die neugierig machen. Allein die Kombination von Tuba mit Streichorchester im ,Uptown Classics /3’ weckt doch die Neugierde.“

Rundschau: Haben Sie persönlich ein Lieblingsformat, das Ihnen in dieser Spielzeit besonders am Herzen liegt?

Jones: „Als Generalmusikdirektorin genieße ich den Luxus, meine eigenen Konzerte programmieren zu dürfen! Das bedeutet, dass hinter jedem Programm, das ich mache, ein .Lieblingsformat’ steckt. Für mich ist das Gestalten von Programmen so, als ob ich male und mit verschiedenen Farben und Gestalten hantieren würde. Da die Spielzeit 2020/21 meine letzte Spielzeit in Wuppertal sein wird, möchte ich jeden musikalischen Moment gemeinsam mit den Musikerinnen und Musikern des Sinfonieorchester Wuppertal auskosten und wir wünschen uns nichts sehnlicher, als bald wieder für die Menschen Musik machen zu können.“