Neues Buch über van Gogh Ein echter Fälscher-Krimi

Wuppertal · Für Bilder großer Maler werden heute astronomische Summen bezahlt. Doch auch in den 20er und 30er Jahren waren gefragte Werke schon sehr teuer. Kein Wunder, dass das Fälscher auf den Plan rief. Um einen solchen – besonders spektakulären – Fall geht es in dem 215-Seiten-Buch „Der van Gogh-Coup. Otto Wackers Aufstieg und Fall“ von Nora und Stefan Koldehoff.

 Das Cover des Buches.

Das Cover des Buches.

Foto: Nimbus-Verlag

Stefan Koldehoff, gebürtiger Wuppertaler, Journalist, mehrfacher Buchautor und gefragter Kunst- (vor allem van Gogh)Experte sowie seine Frau Nora haben spannend, sachkundig und auch für „einfach nur so“ interessierte Leser eine Geschichte recherchiert und detailreich aufgezeichnet, die am Ende der Weimarer Republik fast alle Zeitungen beschäftigt und hohe Wogen geschlagen hat. Der erfolgreiche Berliner Kunsthändler Otto Wacker stand vor Gericht, weil man ihm vorwarf, 30 gefälschte van Goghs auf den Markt gebracht zu haben. Werke des bereits damals weltberühmten Niederländers waren seinerzeit schon extrem gefragt – und Otto Wacker die schillernde Figur einer Kunstszene, wie sie heute kaum noch vorstellbar erscheint.

Die Koldehoffs lassen – ausführlich bebildert – einen Krimi wieder lebendig werden, der sich gerade deshalb so fesselnd liest, weil nichts an ihm erfunden ist. Otto Wacker, homosexueller Ausdruckstänzer mit blumigem quasi-spanischem Künstlernamen, stieg ins Galerie-Geschäft ein, hatte plötzlich eine Reihe bisher unbekannter van-Gogh-Gemälde im Angebot – und mischte den Markt (mit Verkäufen bis in die USA und nach Japan) auf. Als Stück für Stück klar wurde, dass hier ein Anbieter von Fälschungen am Werk ist, begann eine jahrelange Auseinandersetzung in den Zeitungen und vor Gericht. Sozusagen mit auf der Anklagebank: Einige europaweit namhafte Experten, die den falschen Bildern vollmundige Echtheitszertifikate ausgestellt hatten.

„Der van Gogh-Coup“, der das umstrittene Sachverständigenwesen (der damaligen Zeit) schonungslos demaskiert, lebt vor allem von der minutiös verfolgten Legende, die Otto Wacker um die (angeblich russisch-adelige) Herkunft seiner Fälschungen aufgebaut – und bis zu seinem Lebensende aufrecht erhalten – hat. Wacker, der 1932 ins Gefängnis musste, die Nazi-Zeit erstaunlicherweise unbeschadet überstand, in der späteren DDR als Restaurator lebte und dort 1970 starb, hat nie verraten, wer die falschen Bilder malte. Die Formulierung, dass er sein Geheimnis mit ins Grab nahm, gilt hier ohne Abstriche. War Otto Wackers Bruder der van Gogh-Kopist? Wer weiß – bis heute ist die Urheberschaft der Bilder nicht geklärt.

Nora und Stefan Koldehoff nennen Otto Wacker „den wohl erfolgreichsten deutschen Händler von Kunstfälschungen“. Es muss ihnen Spaß gemacht haben, den vergessenen Skandal auszugraben und zu rekonstruieren. Ihr Buch jedenfalls strahlt genau das aus.

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