Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Das Badeschlappen-Trauma

Wuppertal · Es ist Sommer und sehr warm. Deshalb haben viele von uns wenig an. Speziell unten rum. Nun ist es aber so, dass des Wuppertalers Bein dereinst konstruiert wurde, um von derben Schmiedehosen und robusten Bleicherkitteln verhüllt ein geschütztes Dasein fern des Sonnenlichts zu fristen.

 Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Bleich ist deshalb auch ein zentraler Begriff, wenn Wuppertaler eben dieses Bein an Sommertagen freilegen. Was uns aktuell an Waden und Schenkeln präsentiert wird, erinnert an eine Leistungsschau der Kalkwerke Oetelshofen.

Fatal daran ist, dass die lokale Beinbraunfreiheit in dieser Sommersaison auf einen internationalen Modetrend trifft, der soeben auch zu uns herüber schwappt: Badelatschen mit weißen Socken sind plötzlich total angesagt. Jahrzehntelang galt diese Kombination als Uniform deutscher Pauschaltouristen, die sich damit weltweit an Hotelpools und Strandpromenaden blamierten.

Mutter aller Badelatschen war die Adilette, jenes Vollgummi-Schlappenkonstrukt mit drei Streifen drauf und gerne acht bis zehn Hammerzehen und gelben Fußnägeln drin, die im günstigsten Fall von einer weißen Tennissocke gnädig verdeckt wurden. Ein Anblick, bei dem Karl Lagerfeld sogar sein mutmaßlich aus Fertigbeton angerührter steifer Riesenhemdkragen geplatzt wäre.

Dann aber zeigte sich Stilikone Rihanna plötzlich in einem Paar Badeschlappen mit Kunstfell dran. Und wenn Rihanna sowas trägt, ist es drei Stunden später modern. Selbst wenn sich Rihanna einen Pisspott auf den Kopf setzen würde, hätten den ein halbes Jahr später alle Models bei der New York Fashion Week auch auf. Deshalb war es nicht weiter überraschend, dass die Luxuslabels Balenciaga und Gucci kurz nach der Rihanna-Performance ihre Modepüppchen in Badeschlappen auf den Laufsteg schickten. Passend zum Produkt kostet das Modell von Balenciaga schlappe 475 Euro.

Das ist vergleichsweise viel, denn mehr als Fußpilz abhalten und schlecht aussehen können die für den Preis auch nicht. Und dann muss der trendbewusste urbane Styler ja auch noch in den amtlichen weißen Socken investieren. Den gibt es von Gucci zum Glück schon für 90 Euro, wobei der zweite sogar gratis dabei ist. Sparfüchse greifen aber wahrscheinlich lieber direkt zur Badelatsche von Prada, weil sich die Pradilette mit nur 175 Euro als Modell für den modebewussten Mittelstand empfiehlt.

Nun ist es ja so, dass der Adilette+weiße-Socke--Super-GAU von früher hauptsächlich Männer betraf, die dazu gerne noch ein weißes Sonnenhütchen, ein Feinripp-Unterhemd und eine Dose Bier trugen. Im Zuge des Badelatschen-Hypes greifen aber auch Frauen zur gepimpten Adilette. Neulich kam mir auf dem Glanzstoff-Parkplatz (für jüngere Leser: Der ist in Elberfeld neben dem Hochhaus, dessen heutigen Namen keiner aussprechen kann) eine Dame entgegen, deren stämmige, von keinerlei Pigmentierung getrübten weißen Beine in ein paar pinkfarbenen Badeschlappen mit hochflorigem rosa Puschelbesatz steckten. Die Schluffen sahen so aus, als hätte sich eine Wupperratte beim Frisör die Haare färben lassen.

Von diesem Anblick hatte ich mich noch gar nicht wieder erholt, als ich im Kneipendreieck am Kasinokreisel einen Hipster entdeckte, der gerade mit Herrenhandtäschchen, hellblauen Shorts, hautengem T-Shirt und der klassischen Adilette-Socken-Kombi in der Sonne Platz nahm. Jetzt weiß ich endlich, was genau mit "Fashion Victim" gemeint ist ...

Bis die Tage!

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