Nach Toreschluss - die Wochenendsatire Lasst uns zusammenbleiben!

Wuppertal · Aua — ich kriege gerade einen Krampf im Zeigefinger, weil ich alle zwei Sekunden Mails mit aktualisierten Datenschutzbestimmungen wegklicken muss, von denen im Moment mehr unterwegs sind als Autos auf dem Rückweg aus den einmaligen Pfingstferien.

 Roderich Trapp.

Roderich Trapp.

Foto: Bettina Osswald

Das liegt an der seit Freitag gültigen EU-Datenschutzgrundverordnung, kurz DSGVO.

Die kann ein normaler Mensch weder aussprechen, noch in seinem Arbeitsalltag umsetzen, weil sie das typische Beispiel dafür ist, wie man mit EU-Kanonen auf kleine Wuppertaler Unternehmensspatzen schießt. Dabei ist es natürlich erstmal keine schlechte Idee, die Zuckerbergisierung unserer Welt ein bisschen einzubremsen. Das Facebook-Bübchen ist ja in diesen Tagen zutiefst erschrocken darüber, dass sein Unternehmen scheinbar mit den Daten seiner Nutzer schändlichen Handel getrieben hat.

Mark Zuckerberg hat sich dafür diese Woche nicht nur vor dem EU-Parlament entschuldigt, sondern sich auch noch als Zeichen der Buße von seinem Friseur den schlimmsten Topfschnitt der Neuzeit verpassen lassen. Wenn der mit diesem Plätzken vor einem steht, könnte man ihm eigentlich gar nicht mehr böse sein — wenn es nicht die DSGVO gäbe.

Die ist nämlich in Brüssel so abstrus konstruiert worden, dass jetzt in jeder Firma niemand mehr weiß, was er eigentlich darf oder nicht darf und wie er das, was er womöglich darf oder auch nicht, am besten wo und warum und für wen auch immer schriftlich dokumentiert. Um dieses Problem zu lösen, sollte jeder Arbeitnehmer möglichst schnell noch Jura studieren, eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen und darüber hinaus sicherheitshalber gar nichts mehr machen.

Ich gebe Ihnen mal ein Beispiel: Wenn wir als Rundschau demnächst zwei Eintrittskarten fürs Kasperletheater verlosen wollen, sind damit ein Datenschutzbeauftragter, eine Konzern-Rechtsabteilung und mehrere Redakteure beschäftigt. Gemeinsam kämpfen sie darum, wegen des Umgangs mit den Kasperle-Zusendungen nicht vom EU-Datenschutzwachtmeister Dimpflmoser verhaftet zu werden.

Aktuell denken wir gerade darüber nach, per Postkarte an uns geschickte Teilnahmekarten nach der Verlosung aufzuessen, um sie wirklich datenschutzkonform zu vernichten. Wenn wir die nur schreddern, könnte ja ein EU-Kontrolleur kommen, der ausprobiert, ob er aus den Schnipseln nicht doch Ihre Anschrift wieder zusammenpuzzeln kann, die übrigens auch im Telefonbuch steht.

Es macht einen natürlich etwas sauer, wenn man im Gegensatz zu Mark Zuckerbubi bisher ganz selbstverständlich noch nie irgendwelche Kundendaten an Dritte verscherbelt hat und jetzt ernsthaft darüber nachdenken muss, ob man überhaupt noch eine Visitenkarte entgegennehmen darf. Das geht nämlich streng genommen nur noch, wenn der Mensch, der sie mir gibt, mir anschließend auch schriftlich bestätigt, dass ich sie benutzen darf. Das ist ungefähr so, als bräuchte der Koch im Restaurant von mir eine Einverständniserklärung dafür, dass er mir Essen machen darf. Aber vermutlich arbeiten die in Brüssel da auch schon dran ...

Moment mal, was kommt denn da für eine Mail? Bestimmt die nächste mit dem Betreff "Neue Nutzungsbedingungen und Datenschutzgrundsätze". Mal gucken: Tatsächlich — eine Wuppertaler Kultureinrichtung möchte, dass ich den Weiterbezug ihres Newsletters bestätige. Und das endlich mal unter unter einer wirklich originellen Überschrift: "Lasst uns doch einfach zusammenbleiben" steht da.

Sie möchten jetzt gerne wissen, wer da so kreativ war? Ich bin doch nicht verrückt! Aber schöner hätte ich es auch nicht sagen können ...

Bis die Tage!

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