Kommentar zur Kandidatenkür der Wuppertaler SPD Schon wieder ein Mann ...?

Wuppertal · Die Ära Zöllmer geht vorbei. Die Ära "Wer?" — wird die eine oder der andere fragen. Manfred Zöllmer war seit 2002 der jeweils direkt gewählte Bundestagskandidat für Wuppertal. Bei vier Wahlen konnte der SPD-Mann seinen prominenten CDU-Kontrahenten Peter Hintze mehr oder weniger deutlich hinter sich lassen.

 Rundschau-Redaktionsleiter Hendrik Walder.

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Foto: Bettina Osswald

Wer so auftrumpft, müsste eigentlich bekannt sein wie die sprichwörtliche bunte Kuh.

Doch Zöllmer ist im Wesentlichen Eingeweihten ein Begriff. Das kann man dem ehemaligen stellvertretenden Schulleiter nur bedingt vorwerfen. Zöllmer ist bis heute kein mitreißender, geschweige denn charismatischer Politiker. Ein Freund ruhiger Töne, dem Polemik ebenso fremd ist wie die Triebfeder vieler Politiker: der Wille zur Macht.

Folgerichtig hat er es in 15 Jahren Berlin bis zum stellvertretenden finanzpolitischen Sprecher seiner Fraktion gebracht. Das ist eine wichtige Funktion — gerade auch für seine heimische Kommune. Aber es ist auch in etwa so weit, wie man als sachpolitisch orientiertes Bundestagsmitglied eben kommen kann.

Das Standing seiner Wuppertaler Vorgänger Rudolf Dreßler und Willfried Penner hat er nicht erreicht. Wie überhaupt der Prominenzfaktor, der die Wuppertaler Sozialdemokratie über Jahrzehnte mit Johannes Rau an der Spitze begleitete, zunehmend verblasst. Das wird auch im Kampf um die Nachfolge Zöllmers sichtbar: Zwei Kandidaten sind selbst Insidern kein Begriff — momentan sieht es nach einem Duell zwischen Helge Lindh, dem Büroleiter der Wuppertaler SPD-Landtagsabgeordneten, und Thomas Kring, dem Vorsitzenden des Elberfelder Ortsvereins, aus.

Das klingt despektierlich, ist aber lediglich der Ausdruck dessen, was schon seit langem beobachtet werden kann: Der Wuppertaler SPD gehen die Führungskräfte aus. Schon Hans Kremendahl musste 1996 aus Berlin "importiert" werden. Dietmar Bell stellte sich 2003 als Parteichef zur Verfügung, weil es schließlich einer machen musste — und Andreas Mucke war selbst perplex, als man ihn zur OB-Kandidatur aufforderte.

Doch sein Beispiel zeigt, dass man mit der richtigen Einstellung auch aus der zweiten Reihe nach vorne kommen kann. Das wird die SPD beruhigen — genauso wie die Tatsache, dass der Wahlkreis seit über 50 Jahren nicht mehr von der CDU gewonnen wurde.

Freilich: Eine Ära mit einem ministrablen Abgeordneten täte der Stadt und ihrer Außenwahrnehmung auch mal wieder gut. So wie es der SPD gut getan hätte, endlich mal eine Frau für das Berliner Mandat ins Rennen zu schicken.

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