Kommentar zum Sicherheits-Handlungskonzept der Wuppertaler CDU Kameras allein bringen nicht viel

Wuppertal · Stimmt: Bei einem Teil der (vor allem älteren) Bevölkerung hat sich ein Gefühl der Unsicherheit breitgemacht. Völlig abgekoppelt von der tatsächlichen Kriminalitätsentwicklung.

 Rundschau-Redakteur Stefan Seitz.

Rundschau-Redakteur Stefan Seitz.

Foto: Bettina Osswald

Weil Rechtsaußen-Parteien mit dieser Stimmung effizient arbeiten und das "Problem" einfach nicht-deutschen Menschen in die Schuhe schieben, ist es richtig, wenn sich demokratische Parteien vernünftige Gedanken zum Thema Sicherheit machen. Die Wuppertaler CDU hat das (die Rundschau berichtete am 30. April) mit ihrem "Handlungskonzept für ein sicheres und weltoffenes Wuppertal" versucht. Aber was bringt das?

Stimmt: Politiker dürfen im Dialog mit Wählern nicht immer "nur" mit Zahlen jonglieren. Sie müssen auch auf Gefühle hören. Allerdings droht, wenn's um Gefühlsdebatten geht, der reine Reflex. Etwa der in Richtung Überwachungskameras. Zumal andere Länder und Städte wie Düsseldorf oder Mönchengladbach Erfolge damit gemacht haben.

Konkret nach Wuppertal: Die CDU will 48-Stunden-Aufzeichnungskameras für den Berliner Platz, den oberen Teil des Karlsplatzes und für das Trassen-Umfeld am Wichlinghauser Bahnhof. Lassen wir mal ganz außen vor, dass in Deutschland per Gesetz nur die Polizei entscheidet, ob ein bestimmtes öffentliches Areal ein Kriminalitätsschwerpunkt ist und von Kameras überwacht werden darf. Der Berliner Platz ist seit Jahren ein Problemfall, sein Umfeld vom Glück nicht verwöhnt. Und seine Nähe zum Oberbarmer Bahnhof macht ihn zusätzlich (wie fast alle Bahnhofsumfelder weltweit) zur Problemzone. Würden Kameras diese Nuss knacken?

Der Karlsplatz ist ein stadtplanerischer Patient: Abgehängt von der City ist er längst tot. Was unter seinen gestalterisch hübschen, dicht bepflanzten Laubengängen abgeht, kann man sich gut vorstellen. Würden Kameras überhaupt dorthin vordingen?

Der Trassen-Hotspot am Wichlinghauser Bahnhof dagegen leidet unter dem "Fluch" des Erfolges: Dass es dort Riesenprobleme mit Lärm bis tief in die Nacht, (Klein-)Kriminalität und großen Ärger im Wohnumfeld gibt, ist kein Geheimnis, wird aber, wenn's um Wuppertals bestes Aushängeschild geht, nur ungern erwähnt ... Würden Kameras da helfen?

Dann die CDU-Forderung nach verstärkter Polizei- und Ordnungsamtspräsenz auf der Gathe: Das ist hochproblematisch, denn damit wird eine ganze Straße unter Generalverdacht gestellt. Stimmt: Die Gathe (und darüber hinaus bis zur Kreuzung Uellendahler und Schleswiger Straße, denn soweit blickt die CDU) ist eine der eigenwilligsten, buntesten, "schrägsten" Straßen der Stadt. Von weichgespülter, gutbürgerlicher Lieblichkeit ist sie himmelweit entfernt — "Downtown Elberfeld" eben. Wenn der Politik da nichts anderes einfällt, als mehr Polizei und Ordnungsamt, dann springt sie zu kurz. Und daneben.

Was mich erschreckt, sind Polizeimeldungen wie die von Anfang Mai über einen 53-Jährigen (auch ich bin so "alt"), der mittags (!) in der Wilbergstraße (unweit der Großkreuzung Morianstraße) von drei Männern überfallen, mit einem Elektroschocker bedroht und beraubt wurde. Was tun? "Kleiner Waffenschein"? Gegen drei Mann? Kameraüberwachung? Auch in Nebenstraßen? Mehr Polizei? Die Wache Hofkamp ist vom Ort dieses Geschehens nur 200 oder 300 Meter entfernt ...

Stimmt: Die Polizei ist zuletzt personell immer mehr eingedampft worden. All die Bereiche, die sich auf sozialarbeiterischer Seite um die Probleme wegbrechender Stadtareale und Bevölkerungsgruppen kümmern, aber auch. Das muss sich ändern. Polizei und Soziales müssen gestärkt werden — und eng miteinander kooperieren. Und ein (städtisches) Ordnungsamt muss weit mehr leisten, als Taubenfütterer, winterliche Nicht-Bürgersteig-Räumer oder Sperrmüllsammler zu kontrollieren.

Recht hat die CDU, wenn sie eine voll funktionsfähige Polizeiwache am neuen Döppersberg fordert: Das Gezerre um dieses Thema macht einen ganz schlechten Eindruck. Auch das aus den Stadtteil-Bezirksvertretungen heraus gesteuerte Aktivwerden gegen "Angst-Räume" ist konkret gedacht und exakt der richtige Weg, der zu schnellen, sichtbaren Ergebnissen führen kann. Das betrifft Tunnel, Unterführungen, dunkle Wege & Co.

Karlsplatz und Konsorten aber brauchen den Mut zum großen Wurf — mit kompletter, offener und einsehbarer Neugestaltung. Stadtplanung, übernehmen Sie!

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