Visiodrom in Heckinghausen „Silent concert“: Auf die Ohren und für die Augen
Wuppertal · Meterhohe Flammen, ein Raketenstart im 360-Grad-Format und dazu ein Live-Konzert, das per Kopfhörer direkt auf Ohren gespielt wird – die Wuppertaler Band „Johnny Tupolev“ macht dieses Erlebnis im Visiodrom des Heckinghauser Gaskessels möglich: 2023 Jahr wollen die Musiker mit einem „Silent Concert“ dort vor Publikum abrocken. Die Rundschau war beim ersten Sound- und Projektionstest exklusiv dabei.
Es ist dunkel und ganz still im Visiodrom. Auf der 6.500 Quadratmeter großen 360-Grad-Projektionsfläche startet ein Video. Nebel, ein Militärfahrzeug und eine Rakete, für die der Gaskessel als Startrampe dient, erkennen wir. Es ist der Musikclip zum Song „Desperate“ der Band „Johnny Tupolev“.
Wir tragen Funkkopfhörer. Dann legen die Musiker los. Sie stehen mitten im Kessel, spielen live zur Visualisierung an den Wänden. Eine Explosion hinter ihnen auf dem Kubus. Die Soundwelle erreicht direkt unsere Ohren. Wir fühlen uns wie mitten in einem Musikvideo.
Moment mal! Johnny wer? „Wir sind fünf Ölberger Jungs, die auf ihre alten Tage abrocken“, sagt Gitarrist Tom Berger bescheiden. Dass die Herren aus dem Tal keinesfalls nur Hobbykünstler sind, zeigt die Art, wie ihre Band beziehungsweise Musik funktioniert.
Anders als bei anderen Kapellen stehen nicht alle Mitglieder auf der Bühne. Tom Berger, Bassist Jens Grebe und Schlagzeuger Dietmar Noack schreiben die Songs und performen. Kameramann Christoph Vitt und Frank Petzold mit seinen „Special Effects“ setzen „Johnny Tupolev“ ins bewegte Bild. Die Videos sind auf Profi-Level. Kein Wunder. Denn Christoph Vitt, genannt „Vitti“, hat in vielen Musik-Videos (unter anderem für Schiller oder Adel Tawil) seine visuellen Spuren hinterlassen und in den USA Awards (zum Beispiel Emmy) gewonnen. Frank hat für viele Hollywood-Blockbuster (Armageddon, Tarzan, Starship Troopers und mehr) die Special-Effects auf die Leinwand gezaubert.
2016 formierten die fünf Freunde, die sich seit den 1980er Jahren bereits kennen, das Gesamtkunstwerk „Johnny Tupolev“. „Einige von uns brachen damals aus der Provinz auf und machten Karriere an Orten wie Miami oder San Francisco. Einige blieben hier. Jetzt sind wir aber alle wieder im Tal der Wupper und wollen mit unserer Musik und den bevorstehenden Konzerten im Gaskessel was für diese Stadt schaffen. So etwas gab es hier bisher noch nicht“, sagt Tom Berger.
Das Besondere an einem „Silent Concert“ (stilles Konzert) ist, dass man ohne die Funkkopfhörer (werden während der Veranstaltung gestellt) nichts vom Ton hört. Jeder Konzertbesucher kann sich über sein Gerät die Lautstärke individuell einstellen. Und der Sound ist überall ausgewogen, egal wo man steht.
Die Termine für die Konzerte in Heckinghausen stehen noch nicht fest. „Rund zehn Shows mit 100 bis 150 Gästen möchten wir gerne spielen. Die Generalprobe lief sehr gut, aber wir müssen noch ein bisschen hier und da feilen“, sagt Tom Berger.