planetW „Gutes Klima fängt beim Essen an“

Wuppertal · Ulrich T. Christenn sitzt seit 2020 im Stadtrat und ist Vorsitzender des Umweltausschusses. Mit Rundschau-Redakteurin Nina Bossy spricht der Pfarrer und dreifache Vater über die Bedeutung von Klimaschutz, gutes Essen und wie Bürger-Engagement gestärkt werden kann.

 Ulrich T. Christenn ist Vorsitzender des Wuppertaler Umweltausschusses.

Ulrich T. Christenn ist Vorsitzender des Wuppertaler Umweltausschusses.

Foto: Marianne Christenn

Rundschau: Sie sind seit zwei Jahren der Vorsitzende des Umweltausschusses. Mit welchen Themen beschäftigt sich dieses Gremium und wie viel Umsetzungskraft hat es?

Christenn: „Es gab zwei große Bereiche, die uns beschäftigt haben. Zum einen das ,Schwarzbrot‘ der Umweltpolitik, also die Themen der Unteren Naturschutzbehörde und der Verwaltung. Der zweite große Bereich sind die Querschnittsthemen Klimaschutz und Wasser in der Stadt. Beide gehören eng zusammen, weil die Folgen des Klimawandels sich massiv auf die Gewässer und die Niederschläge in Wuppertal auswirken. So haben wir im Antrag ,Klimaneutral bis 2035‘ auch das Thema der Schwammstadt integriert. Und als wir über das Gutachten ,Folgen des Klimawandels in Wuppertal‘ diskutiert haben, ging es auch um Starkregenereignisse und die Stadtentwässerung oder Trinkwasserbrunnen. Das sind teilweise sehr kleinteilige Themen, die im Kleinen wirken, aber auch große, öffentlichkeitswirksame Beschlüsse, wie zum Beispiel der Klimanotstand, die dann auch im Stadtrat aufgegriffen werden.“

Rundschau: Sie haben sich dafür ausgesprochen, umweltorientierte Kommunalpolitik mehr in die Familien zu tragen. Wie kann das gelingen?

Christenn: „Die Themen in die Familien zu tragen, bedeutet für mich, in die Breite der Gesellschaft zu gehen. Über alle Generationen hinweg müssen wir die Menschen erreichen, dass Umwelt- und Klimaschutz vor Ort beginnt, auch wenn die Auswirkungen weltweit zu spüren sind. Hierzu brauchen wir als Politik und Stadtverwaltung ein enges Miteinander mit den zivilgesellschaftlichen Gruppen – mit den Vereinen und Initiativen im Naturschutz, Tierschutz, für die Kleingärten, in der Quartiersarbeit, aber auch im Sport oder der Kultur. Da gibt es schon viele gute Initiativen, die in die Breite unserer Gesellschaft hineinwirken.“

Rundschau: Die Freude am bürgerschaftlichen, grünen Engagement ist in Wuppertal stark zu spüren. Wie kann die Stadtverwaltung diese Ideen besser bündeln und die Wuppertalerinnen und Wuppertaler in ihrem Engagement fördern?

Christenn: „Bürgerschaftliches Engagement braucht Freiraum und Unterstützung. Es darf keine zu hohen bürokratischen Hürden geben, wenn sich Einzelne engagieren wollen. Zum Beispiel das Anmelden eines Straßenfestes muss einfacher und digitaler funktionieren. Gleichzeitig braucht es Unterstützung, dass die einzelnen Aktionen und Ideen nicht durcheinandergehen oder verpuffen. Zum Beispiel, wenn eine Gruppe eine Hundeauslauf-Wiese plant, eine andere aber eine Blühwiese an gleicher Stelle.“

Rundschau: Es geht den Menschen nicht nur um Verbesserungen in ihrem Quartier, sondern auch um die Umrüstung des eigenen Lebens. Stichwort Wärmepumpen. Kann der Umweltausschuss Haushalte besser beraten und auf ihrem Weg zu einem klimafreundlichen Leben begleiten?

Christenn: „Die Aufgabe des Umweltausschusses kann es nicht sein, einzelne Bürgerinnen und Bürger zu beraten. Dafür gibt es professionelle Energieberaterinnen und -berater und unabhängige Stellen, wie zum Beispiel die Verbraucherzentrale. Wir müssen aber als Politik die Rahmenbedingungen beschließen. Zum Beispiel, dass es ausreichende Informationsquellen und Beratungsangebote gibt. Die Genehmigungsverfahren müssen leicht funktionieren. Klimaschädliche Produkte müssen entsprechend gekennzeichnet sein. Denn Ziel sollte sein: Die Bürgerinnen und Bürger entscheiden nach besten Wissen und in eigener Verantwortung wie sie klimafreundlich leben können.“

Rundschau: Sie engagieren sich seit vielen Jahren. Ihr Ansatzpunkt ist gutes Essen. Sie haben die Initiative „Ernährungsrat Wuppertal“ gegründet. Wie war der Auftakt? Und was sind die Ziele?

Christenn: „Die Idee der Ernährungsräte ist einfach: Produzentinnen und Produzenten, Händlerinnen und Händler sowie Konsumentinnen und Konsumenten aus einer Region kommen zusammen und wollen vor Ort gemeinsam ,gutes Essen‘ voranbringen. Klingt einfach, ist aber kompliziert. Wie kann man eine Schulkantine mit frischen Lebensmitteln aus der Region beliefern? Wo kann man vor Ort Produkte kaufen, die keine langen Lieferwege hinter sich haben? Welche Zutaten sind für das Klima am besten? Wie kann man Fastfood ohne tierische Produkte kochen? Für mich steht alles unter dem Motto: ,Gutes Klima fängt beim Essen an!‘ Gemeinsames Kochen und Essen verbindet und verbessert das zwischenmenschliche Klima. Gleichzeitig geht es darum, unsere Nahrung so umzustellen, dass das weltweite Klima nicht belastet wird.“

Rundschau: Sie sprechen sich klar für die BUGA aus. Was hat eine Bundesgartenschau mit besserem Klima zu tun?

Christenn: „Die Bundesgartenschau ist für Wuppertal eine riesige Chance, die wir nicht verpassen dürfen. Es geht dabei nicht nur um die wenigen Monate der Veranstaltung in neun Jahren. Die Jahre dazwischen, bis 2031, sind das Entscheidende. Die Zeit können und müssen wir nutzen, um Wuppertal klimafreundlicher, nachhaltiger, attraktiver und zukunftsmutiger zu machen. Dazu ist die BUGA eine Art Katalysator, ein Anreger, ein Motivator. Als Gesellschaft brauchen wir solche äußeren Anlässe und gemeinsamen Ziele, um Dinge voranzubringen, die wir schon längst hätten voranbringen müssen. Und wenn wir dazu auch noch Unterstützung in Form von finanzieller Förderung von außen bekommen, dann ist das doch eine tolle Chance. Damit das funktioniert, braucht die BUGA eine klare Leitidee und eine aktive Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung. Für mich wären das die ,Circular BUGA‘-Kreisläufe der Natur, Kreislaufwirtschaft und Kreise, die Menschen miteinander verbinden. Da können dann auch diejenigen Kritikerinnen und Kritiker miteinbezogen werden, die jetzt um ihre alten Gewohnheiten und traditionellen Ansichten fürchten.“

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