Nach Abschluss der alliierten Luftoffensive „Interdiction of the Ruhr“ Ende März 1945 rückten die US-amerikanischen Bodentruppen im April 1945 von Köln kommend nordostwärts vor. Der Einmarsch der 78. US-Infanteriedivision am 15. und 16. April 1945 beendete in Wuppertal, das bereits seit dem 13. April 1945 unter Artilleriebeschuss der US-amerikanischen Armee lag, den Zweiten Weltkrieg.
Dass die Übergabe der Stadt an die alliierten Truppen im Großen und Ganzen unblutig verlief, verdankt sich auch einer gewagten Initiative evangelischer und katholischer Geistlicher um den Unterbarmer Pfarrer und späteren Barmer Superintendenten Johannes Schlingensiepen: Als ihnen Pläne von SS und SA zur Verlegung der für den Volkssturm zwangsrekrutierten bedingt wehrfähigen männlichen Bevölkerung und zur Zerstörung aller Wupperbrücken bekannt wurden, handelten die Theologen.
NS-Befehlshaber drohten mit Erschießung
„Was war zu tun? Nach kurzer Beratung fassten wir den risikoreichen Entschluss, mit Befehlshabern der NS-Verbände zu sprechen. In Langerfeld trafen wir mit ihnen zusammen“, berichtet Johannes Schlingensiepen. Es sei zu einem hitzigen Gespräch gekommen, in dem die Pfarrer ihnen deutlich zu machen versuchten, dass ein Abziehen der Männer aus der Stadt Wahnsinn und eine Sprengung der Wupperbrücken ein Verbrechen an der Gesamtbevölkerung sei.
„Sie drohten uns mit sofortiger Erschießung. Und das war für uns der Augenblick, die Vollmacht Gottes in Anspruch zu nehmen und ihnen in seinem Namen zu befehlen, die Stadt zu verlassen.“ Mit Erfolg. Kurz darauf wurden die SS- und SA-Verbände aus der Stadt abgezogen, so dass die Amerikaner Wuppertal ohne zweckloses Blutvergießen besetzen konnten. Die Wupperbrücken, ohne die der Verkehr in der Stadt und die Versorgung der Bevölkerung völlig zusammengebrochen wäre, wurden nicht gesprengt.
Amerikaner übernehmen Kommando
Nach all den großen Worten vom „ewigen Deutschland“ sei es für viele Wuppertaler Anhänger des Nazi-Regimes „sehr demütigend“ und „schmachvoll“, dass die Stadt nun von den Amerikanern in Besitz genommen werde, schrieb der Wupperfelder Pfarrer Martin Graeber am 16. April 1945 in seiner tagebuchartig geführten Chronik. „Die Beamten legen alle Zeichen, die irgendwie das Hakenkreuz aufweisen, ab. So kläglich endet die ,Herrlichkeit’ des für ewig gehaltenen Dritten Reiches! Es wäre zum Weinen, wenn wir nicht wüssten, wir haben es nicht anders verdient.“
Licht gab es, aber weder Wasser noch Telefon. Ausgehen durften die Wuppertaler nur von 8 bis 9 Uhr morgens und von 16 bis 17 Uhr nachmittags. Ansonsten galt eine Ausgangssperre. „Aber schon jetzt sind die Straßen völlig menschenleer. So verschüchtert sind die Menschen“, berichtete Graeber. Es sei ein herrlicher Frühlingstag, warm und sonnig. „Und dazu unser armes gequältes Volk und Vaterland: Kann man sich einen schmerzlicheren Gegensatz denken? Bedingungslos wurde die Stadt übergeben.“
Ablehnung der Besatzungsmacht
Als Befreite konnte sich ein Großteil der Bevölkerung noch nicht sehen. Die Besiegten fühlten sich zutiefst erniedrigt und wähnten sich in den Händen des Feindes. So gab das Presbyterium der Evangelisch-lutherischen Gemeinde Barmen-Wupperfeld am 30. April 1945 zu Protokoll: „Nach Eröffnung durch Lied und Gebet erinnert der Präses an die Ereignisse seit dem 5. März 1945: Die Bombardierung Oberbarmens am 13. März und 19. März und die Feindbesetzung seit 15. April.“
Die ablehnende Haltung gegenüber der Besatzungsmacht verstärkte sich durch die prekäre Versorgungslage, die sich auch nach Kriegsende nicht verbesserte, sondern aufgrund der aufzunehmenden Heimkehrer und Flüchtlinge zunächst noch verschlimmerte. Die Zahl der ausgeteilten Kalorien fiel zeitweilig weit unter die der festgelegten Normen.