Berufungsprozess in Wuppertal Schumacher-Erpressung: Landgericht bestätigt Urteil

Wuppertal · Im Berufungsverfahrens wegen versuchter Erpressung und Beihilfe zu Lasten der Familie des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters Michael Schumacher hat die 11. kleine Strafkammer des Landgerichts Wuppertal am Dienstag (2. Dezember 2025) die Berufungen verworfen.

Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert beim Prozess im Dezember 2024.

Foto: Sabine Maguire

Die Kammer hatte über die Berufungen der Nebenkläger und des Angeklagten T. zu befinden, nachdem der Angeklagte F. seine Berufung am Dienstag und der Angeklagte L. seine Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil am ersten Hauptverhandlungstag zurückgenommen hatten.

Die Kammer bestätigte das Urteil des Amtsgerichts Wuppertal in Bezug auf die Angeklagten T. und F. Das Amtsgericht hatte die beiden in erster Instanz mit Urteil vom 12. Februar 2025 verurteilt. Der Angeklagte T. wurde wegen versuchter Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und der Angeklagte F. wegen Beihilfe zur versuchten Erpressung und der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der Haftstrafe des F. wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Die Kammer hat nach Angaben der Pressestelle des Landgerichts ihrem Urteil folgende Feststellungen zugrunde gelegt:

„Der Angeklagte F. soll auf dem Anwesen der Familie Schumacher in der Zeit von 2012 bis 2021 als Mitarbeiter einer beauftragten Sicherheitsfirma beschäftigt gewesen sein. Über die Jahre soll er auch zu IT-bezogenen Fragen zu Rate gezogen worden sein. Der ehemalige Rennfahrer Michael Schumacher soll sich meist auf diesem Anwesen aufgehalten haben und werde dort seit seinem Skiunfall im Jahre 2013 hauptsächlich gepflegt.

Sämtliche Daten zu dieser Pflege, d.h. Aufnahmen und Videos, Dokumentationen und alle Dateien, die im Zusammenhang zu seiner Pflege stehen, seien auf einem sogenannten ,Pflegecomputer‘ gespeichert worden. Im Laufe der Zeit soll der Angeklagte F. diesen Laptop gewartet haben. Zudem soll er bei der Einrichtung eines Passwortes involviert gewesen sein.

Ende 2020 soll es zur Beendigung der Tätigkeit des Angeklagten F. für die Familie Schumacher und im Frühjahr 2021 zur endgültigen Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Sicherheitsfirma gekommen sein. In der Folge soll er dem Angeklagten T. mitgeteilt haben, dass er über private Bild- und Videoaufnahmen und Daten des Michael Schumacher und seiner Familie verfüge. Der Angeklagte F. soll diese sodann dem Angeklagten T. auf Datenträgern übergeben haben.

Im weiteren Verlauf soll der Angeklagte T. unter anderem auf die Idee gekommen sein, für die Herausgabe der in seinem Besitz befindlichen Aufnahmen und Daten von der Familie Schumacher Geld zu verlangen. In Kenntnis dieses Plans soll der Angeklagte F. ihm durch die Übergabe von Telefonnummern ermöglicht haben, mit der Familie Schumacher in Kontakt zu treten.

Im Juni 2024 soll der Angeklagte T. mit einer Mitarbeiterin der Familie Schumacher telefonisch Kontakt aufgenommen und insbesondere angedroht haben, Fotos und Videos im ,Darknet‘ zu veröffentlichen, sofern die Familie an diesen nicht interessiert sei. Zwischenzeitlich soll der Angeklagte T. in einem weiteren Telefonat seine Geldforderung gegenüber der Zeugin auf 15 Millionen Euro, zahlbar in zwei Tranchen im Austausch gegen jeweils eine Festplatte konkretisiert haben. Zu einer Geldübergabe soll es nicht gekommen sein, da der Angeklagte T. am 19. Juni 2024 festgenommen wurde.

Die Kammer ist nach Durchführung der Hauptverhandlung nicht zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte F. als Mittäter zu verurteilen war. In diesem Zusammenhang hat der Vorsitzende betont, dass sich die Kammer an die Fakten gehalten habe, die als bewiesen anzusehen seien.

Die Kammer sah es als bewiesen an, dass der Angeklagte F. dem T. Datenträger mit Daten und Aufnahmen zur Verfügung gestellt habe. Es sei die Idee des Angeklagten T. gewesen, die Familie Schumacher hiermit zu erpressen. Von diesem Plan habe der Angeklagte F. gewusst und dem Angeklagten T. in diesem Wissen Telefonnummern zur Verfügung gestellt, um mit der Familie Schumacher Kontakt aufzunehmen. Nach Ansicht der Kammer seien diese Tatbeiträge als Unterstützungshandlungen einzuordnen.

Die Kammer hat hingegen keine sicheren Feststellungen dahingehend treffen können, ob es eine Abrede in Bezug auf die Teilung des Gewinns gegeben hat. Der Angeklagte T. hat sich im Berufungsverfahren auf sein Schweigerecht berufen. Die Kammer hat frühere Einlassungen des Angeklagten insbesondere durch Vernehmung der Ermittlungsrichterin und der Vorsitzenden, die das erstinstanzliche Verfahren geführt hatte, in die Hauptverhandlung eingeführt. Diese Einlassungen seien – so der Vorsitzende – nicht als konstant zu werten. Sie seien detailarm gewesen und hätten Abweichungen und Widersprüche zum zeitlichen Ablauf und der Aufteilung des Gewinns aufgewiesen.

Der Vorsitzende führte aus, dass es denkbar sei, dass es eine Gewinnteilungsabrede gegeben habe. Diese sei mit den im Berufungsverfahren zur Verfügung stehenden Beweismitteln nicht hinreichend belegbar, um den Angeklagten F. als Mittäter zu verurteilen. Zudem fehle es an einer Beteiligung an der Ausführung der Tat. Die Kammer habe deshalb im Zweifel für den Angeklagten einen Sachverhalt zugrunde gelegt, der eine Verurteilung als Mittäter nicht zulasse.

Bei der Strafzumessung in Bezug auf den Angeklagten T. hat die Kammer strafschärfend berücksichtigt, dass er bereits vorbestraft gewesen ist und die Tat unter laufender Bewährung begangen hat. Strafmildernd fiel insbesondere ins Gewicht, dass er sich im Ermittlungsverfahren und erstinstanzlichen Verfahren geständig gezeigt und Aufklärungsarbeit geleistet hat, die insbesondere die Überführung des Angeklagten F. ermöglichte.

Bei der Strafzumessung in Bezug auf den Angeklagten F. war strafmildernd zu berücksichtigen, dass er seine Berufung – wenn auch zu einem späten Verfahrensstand – zurückgenommen hat und damit zum Ausdruck bringt, dass er sich zum Schuldspruch des Amtsgerichts bekennt.

Der Vorsitzende betonte, dass beide Angeklagte das besonders schwere Schicksal der Familie Schumacher hätten ausnutzen wollen und der Angeklagte F. seine Vertrauensposition missbraucht habe. Bis zu einem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gelten Angeklagte als unschuldig. Binnen einer Frist von einer Woche kann gegen das Urteil Revision eingelegt werden, über die das Oberlandesgericht Düsseldorf zu entscheiden hätte.“