Bei SEK-Einsatz festgenommen Wuppertaler „Reichsbürger“ bedrohte OB Mucke

Wuppertal · Sie erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an. Das Grundgesetz ist reiner Humbug und von Behörden oder Gerichten lassen sie sich gar nichts sagen. Die so genannten „Reichsbürger“ verwalten sich selbst – und wie so etwas ausarten kann, weiß nun auch Oberbürgermeister Andreas Mucke. Monatelang soll ihn ein 52-Jährige Wuppertaler per Post tyrannisiert und bedroht haben.

 Das Wuppertaler Gericht, hier wird der sogenannte „Reichsbürger“ sich bald zu verantworten haben.

Das Wuppertaler Gericht, hier wird der sogenannte „Reichsbürger“ sich bald zu verantworten haben.

Foto: Dennis Polz

Auf YouTube-Videos erzählt der Mann selbst davon, dass er Mucke angedroht habe, sich gewaltsam Zugang zu dessen Büro verschaffen zu wollen. Der habe als oberster Amtsherr angebliche Rechtsbrüche nicht verfolgt. Die soll aus Sicht des Familienvaters das Jugendamt begangen haben, das zuvor in Sorgerechtsstreitigkeiten offenbar nicht in seinem Sinne entschieden hatte. Auch dorthin soll der Wuppertaler, der der „Reichsbürge“-Szene nahe stehen soll, unzählige Mails geschickt haben.

Die waren am Ende darin gegipfelt, die mit dem Fall befassten Mitarbeiter auf dem Rathausplatz abstechen und sie dort ausbluten lassen zu wollen. Ähnlich drastisch war die Post, die eine mit den Familienrechtsstreitigkeiten befasste Amtsrichterin zu lesen bekommen haben soll. Darin soll der 52-Jährige von Mistgabeln und später auch von einer geladenen Pistole P8 gesprochen haben, mit der er der Frau vor dem Gerichtsgebäude in den Kopf schießen wolle. „Es hat die Szenarien sehr konkret beschrieben“, war dazu von Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert zu hören. Man habe dem Mann die Drohbriefe eindeutig zuordnen können - in der vergangenen Woche war er von einem SEK-Kommando in der Wohnung eines Bekannten in Bad Laasphe überwältigt und festgenommen worden. Dort sollen im Zimmer des Beschuldigten auch ein scharfes Kleinkalibergewehr, ein Kampfmesser und Tarnkleidung sichergestellt worden sein. Wem die Waffen gehören, ist noch nicht zweifelsfrei geklärt.

Bei dem festgenommenen Wuppertaler soll es sich um einen ehemaligen Sportschützen handeln, der eine Waffenbesitzkarte besessen und über Sachkunde im Umgang mit Schusswaffen verfügt habe. Zuvor soll der Mann noch vergeblich versucht haben, mit einem YouTube-Video seine angebliche Fluch nach Österreich vorzutäuschen.

Bei Gericht war der 52-Jähriger längst kein Unbekannter mehr. Dort soll es in der Vergangenheit etliche Verfahren gegen ihn gegeben haben, an deren Ende ihm auch das Umgangsrecht mit seinen Kindern entzogen worden sein soll. Außerdem soll ein Näherungsverbot ausgesprochen worden sein, nachdem der Mann seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau nachgestellt hätte. Im Haftbefehl ist nun der Vorwurf der vierfachen Bedrohung zu lesen, hinzu kommen Beleidigung und Nachstellung. „Wir gehen bei diesen Tatvorwürfen am Ende eines noch zu führenden Prozesses von einer Freiheitsstrafe aus“, ist dazu von Wolf-Tilman Baumert zu hören.

Unverschämte Briefe, Phantasie-Führerscheine und allerlei Einwände gegen den Rechtsstaat: Immer wieder habe die Staatsanwaltschaft mit den Auswüchsen der „Reichsbürger“-Szene zu tun. Im Gespräch mit der Wuppertaler Rundschau hatte auch eine Amtsrichterin von ihren persönlichen Erfahrungen mit „Reichsbürgern“ berichtet. Die Verfahren seien davon gekennzeichnet, dass es bereits im Vorfeld eine Vielzahl schriftlicher Eingaben gebe, in denen grundsätzlich die Legitimation des Staates, der Richter und die Geltung der Gesetze bestritten würden.

Das persönliche Highlight der Richterin: Ein Beschuldigter in einer Geschwindigkeits-Ordnungswidrigkeitssache, der als „Selbstverwaltung“ aufgetreten sei. Der habe noch vor dem Prozesstermin diverse eidesstattliche Versicherungen verlangt, sowie das Ausfüllen von Fragebögen, in denen sie habe erklären sollen, wie der Zweite Weltkrieg beendet wurde und ob sie ein Geist, ein Astralwesen, eine natürliche Person, eine juristische Person oder eine Außerirdische sei.

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