Mehr als nur Barrierefreiheit – interessante Lösungen für Menschen mit Behinderung

Für jemanden, der nicht von einer körperlichen Behinderung betroffen ist, sind Hindernisse wie Treppen am Eingang der U-Bahn, hohe Regale im Supermarkt oder Bordsteinkanten auf der Straße kein großes Problem. Wer aber beispielsweise im Rollstuhl sitzt oder blind ist, steht manchmal vor schier unüberwindlichen Herausforderungen. Inzwischen gibt es zahlreiche, interessante und innovative Lösungen, die Menschen mit Behinderung den Alltag deutlich erleichtern und dazu beitragen, dass gehandicapte Personen noch besser am sozialen Leben teilhaben können.

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Foto: Ilham Fitrotul Hayat - Flaticon

Besser zurechtfinden dank Louis Braille

Manchmal wundern sich Menschen über klickende Kästen an Ampeln oder über merkwürdige Punkte an Geländern oder auf Schildern. Diese Punkte sind nichts anderes als Schrift, und zwar für blinde Menschen. Die Punkte werden als Brailleschrift bezeichnet und sind sozusagen die Übersetzung eines Textes in Blindenschrift. Von Geburt an oder aufgrund einer Erkrankung erblindete Menschen können diese spezielle Form der Schrift erlernen und können sich mit ihrer Hilfe besser zurechtfinden, beispielsweise in Behörden, Museen oder gastronomischen Einrichtungen. Inzwischen gibt es sogar die Möglichkeit, sich in der DZB (Deutsche Zentralbücherei für Blinde) Noten für Musikstücke in Brailleschrift auszuleihen. Diese sind vor allem für blinde Sängerinnen und Sänger hilfreich, denn sie können die Noten während des Vortrags sozusagen direkt vom Blatt „ablesen“. Für Instrumentalisten dienen sie hingegen hauptsächlich dazu, das jeweilige Stück auswendig zu lernen, da sie ihre Hände zum Spielen ihres Instrumentes benötigen.

Betreutes Wohnen für Menschen mit Handicap

Menschen mit körperlichen oder geistigen Handicaps haben es im Alltag oftmals ziemlich schwer, einige brauchen sogar eine ganztägige Betreuung. Eine gute Lösung sind hier Einrichtungen, in denen Menschen mit Behinderung barrierefrei wohnen und gleichzeitig fachgerecht betreut werden. Solche Wohngemeinschaften gibt es inzwischen bundesweit und es finden sich viele Leute, denen die Unterstützung einer solchen Wohnungsgemeinschaft für Behinderte ein Anliegen ist. Oft sind solche Projekte nur mithilfe von Spenden finanzierbar und die Arbeit, die dort geleistet wird, ist von unschätzbarem Wert für die dort Lebenden und auch für die Gesellschaft insgesamt.

Plan für barrierefreie Einrichtungen

Damit Menschen mit Behinderung erst gar nicht in die Situation kommen und plötzlich vor einem unüberwindbaren Zugangshindernis (z. B. Treppenstufen, U-Bahnstation ohne Fahrstuhl zur Oberfläche) stehen, bieten immer mehr Städte Apps mit einem Stadtplan (auch Wheelmap genannt) an, in den sämtliche, barrierefrei zugänglichen Orte verzeichnet sind. In einem solchen Plan stehen dann etwa:

  • Ämter und Behörden
  • Museen
  • Hochschulen
  • Gastronomiebetriebe
  • U-Banstationen

Die Orte können entweder von der Stadt selbst, von Betreibern gastronomischer Einrichtungen, Vereinen oder aber von Nutzern der App eingetragen werden. Auf diese Weise können Menschen mit Handicap für sie schwierige Situation von vornherein vermeiden.

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Foto: Ilham Fitrotul Hayat - Flaticon

Mobile Rampen - Barrierefreiheit ohne Baumaßnahmen

Es sind nicht immer aufwendige Baumaßnahmen notwendig, um z. B. den Zugang zu einem Wohnhaus oder zu einem Restaurant barrierefrei zu machen. Eine gute, nicht sehr kostenintensive Lösung sind hier mobile Rampen, sogenannte Wheelramps. Durch sie lassen sich Höhenunterschiede von bis zu 30 cm bzw. ein bis zwei Stufen überwinden. Eine solche Rampe kostet gerade einmal knapp 200 Euro, ist aber für Rollstuhlfahrer oder Nutzer von Gehhilfen eine große Unterstützung. Wer eine mobile Rampe nicht fest installieren möchte, der kann sie leicht entfernen, sollte Menschen mit Behinderung dann aber eine einfache Möglichkeit bieten, mit deren Hilfe sie die Rampe anfordern können. Am einfachsten ist es allerdings, wenn man die Wheelramp fest installiert, so müssen Betroffene nicht erst danach fragen. Um solche Rampen gar nicht erst zu benötigen, lassen viele Städte inzwischen auch Bushaltestellen barrierefrei machen.

Lösung Treppenlift – wenn Eigenheime zwei Etagen haben

Viele Eigenheimerbauer sind noch relativ jung und machen sich verständlicherweise noch nicht so viele Gedanken darüber, wie sie denn im Alter vom Erdgeschoß in die erste Etage kommen, vor allem, wenn das Treppensteigen schwieriger oder unmöglich wird. In diesem Fall könnten ein Treppenlift bzw. ein nachzurüstender Kleinfahrstuhl interessante Lösungen sein. Für beide Varianten gibt es inzwischen spezielle Hersteller. Beim klassischen, in der Werbung gepriesenen Treppenlift wird dieser einfach entlang der Treppenstufen an der Wand installiert. Er ist mit einem Sitz ausgestattet, der den Nutzer von unten nach oben bringt oder in die umgekehrte Richtung transportiert. Ist der Bewohner auf einen Rollstuhl angewiesen, besteht die Möglichkeit, das Eigenheim mit einem innenliegenden Lift nachzurüsten. Zugegeben, beide Varianten kosten Geld, aber dafür kann man das Eigenheim nachträglich barrierefrei machen. Für Wohnungsanpassungen gibt es staatliche Fördergelder.

Barrierefreie Müllboxen

Als Rollstuhlfahrer hat man es meist schwer, seinen Müll in die hohe Mülltonne zu werfen. Da kommt ein schlauer Erfinder gerade recht. Er hat nämlich eine Müllbox entwickelt, bei der sich die Mülltonne leicht öffnen, nach vorne kippen und so auch vom Rollstuhl aus leicht befüllen lässt. Das funktioniert, weil sich der vordere Rand der Mülltonne beim Ziehen an der Front absenkt und so eine niedrigere Position hat. Durch eine spezielle Bodenplatte, einen zweiten Deckel und ein Seilwindensystem bleibt die Tonne sauber und kann beim Herausziehen nicht nach vorne umfallen. Eine wirklich innovative Idee, die Menschen mit Behinderung den Alltag deutlich erleichtert.

Keine Angst vor Stürzen – Türschwelle ohne Erhöhung

Ältere oder durch eine Erkrankung gehandicapte Menschen haben Probleme beim Heben der Füße während des Laufens. Dadurch wird jede noch so kleine Erhebung bzw. Schwelle zu einem Risikofaktor, der zu einem Sturz führen kann. Auf diese Tatsache haben Hersteller reagiert und Türschwellen erfunden, die ganz ohne die bisher standardmäßige Schwellenhöhe von 2 cm oder mehr auskommen. Oft wird dabei mit einem Magnetsystem gearbeitet, bei dem Magnetprofile, die bei offener Tür flach im Bodensystem liegen. Wird die Tür geschlossen, werden sie als Dichtung nach oben in Richtung Tür gezogen. Ein solches Schwellensystem bezeichnet man auch als Magnet-Nullschwelle. Durch die nicht vorhandene Erhöhung besteht für Menschen mit einer Gehbehinderung keinerlei Risiko mehr, über die Schwelle zu stolpern und im schlimmsten Fall zu stürzen. Der Vorteil dieser Schwellen besteht auch darin, dass sie sich auch in Altbauten sehr leicht installieren lassen. Dadurch erhöht sich die Chance, dass Menschen mit Behinderung länger in ihrer bisherigen Umgebung verbleiben können und nicht umziehen müssen.

Körperhygiene leichtgemacht - Höhenverstellbarer Waschtisch mit Griffen

Bezüglich der täglichen Körperhygiene stehen viele Menschen mit Handicap vor dem Problem, dass das Waschbecken in vielen Wohnungen in einer Standardhöhe angebracht ist, die sich für einen Rollstuhlfahrer als deutlich zu hoch erweist. Zudem benötigen viele Körperbehinderte eine Möglichkeit, sich irgendwo abzustützen bzw. festzuhalten, während sie sich die Zähne putzen, sich kämmen oder sich waschen. Für diese Probleme bieten Hersteller von Sanitärzubehör inzwischen hilfreiche Lösungen. Beispielsweise gibt es Waschbecken, die man in ihrer Höhe verstellen kann. Dadurch lassen sie sich so justieren, dass auch ein Rollstuhlfahrer seine tägliche Körperhygiene ohne große Anstrengung durchführen kann. Eine weitere Innovation in diesem Bereich sind Waschbecken, die an der Vorderseite oder an den Seitenkanten mit Griffen versehen wurden. Diese ermöglichen es Menschen, die wackelig auf den Beinen sind, sich festzuhalten, wodurch sie sich sicherer fühlen. Bei einigen Waschbecken sind die seitlichen Grifföffnungen so groß dimensioniert, dass sich dort leicht ein Handtuch deponieren lässt, wodurch es jederzeit griffbereit ist.

Ebenerdige Duschen und Badewannen mit Eingangstür

Ebenfalls sehr hinderlich für Menschen mit Behinderung sind die guten alten Badewannen mit hohem Rand und auch Duschwannen, die man nur durch das Überwinden des Randes betreten kann. Für Gehbehinderte Menschen sind dies oftmals unüberwindbare Hindernisse. Aus diesem Grund haben die Hersteller besondere Wannen und Duschwannen entwickelt, die den Zugang erleichtern. Sehr hilfreich sind ebenerdige Duschwannen, die man sogar mit dem Rollstuhl nutzen könnte. Wer lieber eine Badewanne nutzt, kann auf Modelle zurückgreifen, in die an der Frontseite eine bodentiefe, fest verschließbare und wasserdichte Tür integriert wurde. Drüber hinaus handelt es sich oft um Sitzwannen, in denen es eine Sitzfläche gibt. In ihnen kann der Nutzer sich bequem hinsetzen und sich ohne Kraftanstrengung mit dem in der Nähe befindlichen Duschkopf abbrausen und waschen.

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Foto: Ilham Fitrotul Hayat - Flaticon

Gute Ideen sind immer gefragt

Menschen mit Behinderung das Leben zu erleichtern, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wer hier gute Ideen hat, sollte versuchen sie zu verwirklichen. Oft reicht es allerdings schon, wenn man einen sehbehinderten oder im Rollstuhl sitzenden Menschen fragt, ob er Hilfe benötigt, beim Finden eines Ausgangs, beim Einsteigen in Bus oder Bahn oder beim Überqueren einer belebten Straße. Schon solche kleinen Hilfestellungen können eine große Hilfe bedeuten.

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