"Drrrying in the cold sun"

Es ist der Höhepunkt im Stadthallen-Kalender dieses Jahres: Die "Wuppertal-Concerts" von Jethro Tull mit Rock-Legende Ian Anderson und dem Wuppertaler Sinfonieorchester mit Oboist Andreas Heimann und Andreas Baßler am Fagott sowie der Kantorei Barmen-Gemarke.

 Ian Anderson (vorn) und sein Pianist und Arrangeur John O’Hara inmitten des Wuppertaler Sinfonieorchesters.

Ian Anderson (vorn) und sein Pianist und Arrangeur John O’Hara inmitten des Wuppertaler Sinfonieorchesters.

Foto: André Scollick

Alle drei Konzerte an diesem Wochenende sind ausverkauft.

Ian Anderson und seine Band Jethro Tull sind ein "Urgestein" der Progressive-Rock-Szene. Mit Symphonieorchestern haben die Engländer schon häufig musiziert, mit einem Konzertchor noch nie. Rundschau-Redaktionsmitglied Hendrik Walder ist als Gastsänger der Kantorei Barmen-Gemarke dabei.

Dienstagabend 21 Uhr: John O'Hara ist eben in Düsseldorf gelandet, aber er würde unheimlich gerne noch zur parallel laufenden Chroprobe kommen. Um kurz nach zehn hört er zum ersten Mal seine Arrangements, die er in den vergangenen Monaten für das Konzert in Wuppertal geschrieben hat. Der Keyboarder von Jethro Tull's Ian Anderson wirkt zufrieden, vielleicht sogar mehr als das, als die Kantorei "Life's a long song" anstimmt.

Wobei diese Aussage auch ein Johann Sebastian Bach hätte unterschreiben können, dessen Werke sonst zum Standardrepertoire des Chores gehören. Doch hier wie da kommt es auf die klare Aussprache an: O'Hara moniert, er möchte mehr "k", "p", "d" oder überraschenderweise auch "r" hören. Und das bei englischen Texten! Drrrying in the cold sun (rock'n')rollen die Sänger...

Donnerstagabend: Generalprobe, nun auch mit der Querflöten-Legende Ian Anderson. Der Meister überlässt seinem Pianisten den musikalischen Ablauf, hört abwechselnd ruhig zu, singt oder spielt Gitarre und Flöte — auf seine unnachahmliche Weise, indem er singend und swingend in das Mundstück pustet. Doch während der Probe ist er wie alle Beteiligten äußerst fokussiert, wie heutige Fußballtrainer sagen würden.

Mit sparsamer Mimik verfolgt er das orchestrale und chorische Geschehen hinter sich, derweil sein Mann am Pult sich ins Zeug schmeißt, als wolle er sich für die Kamioka-Nachfolge empfehlen. Und komponieren kann er auch noch: Der Fiesling "Aqualung" klingt in der Orchester-Fassung, als sei er soeben Mussorgskys "Bildern einer Ausstellung" entsprungen.

Die drei "Wuppertal Concerts" sind Weltpremieren. Zum ersten Mal musiziert Jethro Tull nicht nur mit Orchester, sondern auch mit einem Chor. Das gilt auch für die "Do,do,do-" und "Bah,bah,bah"-Stellen im Klassiker "My God". "It really sounds like the Record-Version", lobt O'Hara den Chor. Und fügt schmunzelnd hinzu, damals hätte ein Synthesizer den Part übernommen ...

(Rundschau Verlagsgesellschaft)
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