Das Programm beginnt direkt im September mit einem Highlight. Der bekannte Karikaturist Gerhard Mester stellt biblische Cartoons als Album vor. Was bringen Comics im Religionsunterricht?
Haude: „Gerhard Mester bringt seit Jahren Themen aus der Energiepolitik auf den Punkt. Nun plötzlich das Matthäus-Evangelium. In seinen Karikaturen zeigt er zum Beispiel einen Jesus, der von einem Grobian als ,Müslikasper‘ beschimpft wird und dem Jesus dann freistellt, auf welche Wange er zuerst schlagen wird.
Gerhard Mester interpretiert mit Humor und Scharfsinn den Text des Matthäusevangeliums in über 120 Karikaturen. Da musste ich einfach fragen, ob wir dazu was zusammen für die Schule machen. Denn es zeigt ja, dass dieser Mann versteht, wie ungemein relevant dieser Text für politische denkende Menschen ist. Die Comics sind unterhaltsam, aber maximal gesellschaftskritisch. Und auch noch theologisch brauchbar, wo gibt es das schon.“
Mit dem Befreiungstheologen Kuno Füssel wagen Sie sich dann Ende September an ein schwieriges Thema: Friedensethik. Was erhoffen Sie sich von dieser Veranstaltung, die Sie per Zoom anbieten?
Haude: „Friedensethik ist Teil des Abiturs im Fach Religion. Mich reizt, einen Abitext bieten zu können, den man kontrovers diskutieren kann, ohne, dass jemand von vorn herein als naiv oder gewalttätig gescholten wird. In Kleingruppen wird an der Aufgabenstellung gebastelt. Füssel hat eine klare Haltung, die heute unmodern geworden ist, nämlich die ,apodiktische Ablehnung jeden Krieges‘. Sein Ansatz ist die gründliche theologische Entfaltung des Begriffes ,Schalom‘, der mehr meine als nur die oberflächliche Übersetzung ,Frieden‘.“
Auch um Gefühle im Grundschulunterricht, einen neuen Ramadan-Koffer und Seelsorge geht es. Warum haben Sie diese Themen ausgewählt? Welche Rolle spielen sie im Unterricht?
Haude: „Die Themen entstehen in der Regel nach Gesprächen mit Lehrkräften in der Mediothek. Fasten zum Beispiel ist im Ramadan anders als wenn jemand vor Ostern entscheidet, sechs Wochen ohne zu leben oder als Agnostiker einfach mal zu entgiften. Das wird im Klassenraum kritisch beäugt. Ein muslimisches Kind hat zum Beispiel geäußert, die christlichen Kinder fasteten gar nicht richtig. Große Freude macht es natürlich, mit einer muslimischen Kollegin zusammenzuarbeiten.“
Es ist das letzte Fortbildungsprogramm, das Sie als Schulreferentin des Kirchenkreises zusammenstellen. Ende des Jahres gehen Sie nach 25 Jahren in den Ruhestand. Wie haben sich Ihre Fortbildungen im Laufe der Jahre verändert? Welche Trends gab es?
Haude: „Vor 25 Jahren waren die Themen der Fortbildungen zielgruppenorientierter und methodenbezogener. In den letzten Jahren haben wir mehr Fortbildungen, die sich mit den großen Fragen beschäftigen, in denen unsere Lehrkräfte sich selbst wiederfinden. Während Anfang der 2000er Jahre etwa der Rap im Religionsunterricht, das Jüdische Lehrhaus oder Pantomime-Workshops von großem Interesse waren, sind es heute eher Tagungen zu Tod und Trauer oder Begegnungstagungen, wie der ,Große Abend‘, an dem aus der Sicht von Schule und Kirche über Probleme, Wünsche und Notwendigkeiten diskutiert wurde.
Die meisten Teilnehmertage haben aber in der Summe die digitalen Formate – die wir übrigens schon sehr früh angeboten haben, noch vor Corona. Das liegt daran, dass Lehrkräfte in den letzten Jahren weniger Zeit für Wege haben und lieber kurzfristig entscheiden.“