Briefe von Leserinnen und Lesern „Argumentation von verantwortungsloser Naivität“

Wuppertal · Betr.: Geplanter Moscheeneubau in Elberfeld

Die geplanten Neubauten an der Gathe.

Foto: DITIB Wuppertal-Elberfeld

Wenn Wuppertaler Entscheidungsträgerinnen und -träger sich nicht in Selbstmitleid über die Mutlosigkeit und Mittelmäßigkeit in ihrer Stadt ergehen, bewegen sie sich gern in luftigen Höhen, wo man nicht nur auf Tauben trifft, sondern auch auf Seilbahnen und schwankende Hängebrücken und auch schon mal auf eine Ditib-Zentralmoschee. Den Blick nach oben gerichtet, haben sie die Neigung, das Naheliegende und Offensichtliche zu übersehen.

Die neuesten Äußerungen von Rolf Köster, dem Co-Vorsitzenden des Dialogbeirats zum Moscheeneubau an der Gathe, wirken wie eine Beschwichtigungskaskade: Irgendwie erkennt man ja die Problematik um die Ditib als Partner an. Aber: In Wuppertal habe man es ja nur mit der Ditib-Gemeinde und auch nicht (wie in Köln) mit der türkischen Religionsbehörde Diyanet zu tun.

Und: Der Ditib-Aufsichtsrat habe schon weitreichende Möglichkeiten, Einfluss auf die Gemeinden zu nehmen, was aber wohl nicht so ernst genommen werden muss, denn: Es gebe ja 900 Ditib-Gemeinden, aber nur einen Aufsichtsrat. Sprich: Die haben doch gar nicht die Kapazitäten, sich ausführlicher mit der Wuppertaler Gemeinde zu beschäftigen. Und schließlich komme es ja vor allem auf den Vorstand und die gelebte Praxis in der Gemeinde an. Die Leute, mit denen man dort zu tun habe, hätten die richtige Haltung und seien immer „auf Seiten der Stadt“ (?) gewesen. Eine Argumentation, die von verantwortungsloser Naivität zeugt.

Im Klartext: Über die Ditib liegen seit langem wissenschaftlich gesicherte Informationen vor, die es verbieten sollten, Partnerschaften irgendwelcher Art einzugehen, in denen diese Organisation eine Rolle spielt. Wuppertal scheint sich für das Gegenteil entschieden zu haben. Hier wird einer fragwürdigen Organisation die Gelegenheit gegeben, sich stadtbildprägend am „Tor zu Wuppertal“ (so die Formulierung auf der Titelseite der sogenannten „Machbarkeitsstudie“) zu präsentieren.

Abgesehen davon ist das Vorhaben in seiner jetzigen Form städtebaulich überdimensioniert und mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Beitrag zur sozialen Segregation statt Integration. Der Moscheekomplex wirkt allein durch seine Größe wie eine Machtdemonstration. Und ist es wirklich realistisch, davon auszugehen, dass zukünftig auch Nicht-Muslime die geplanten sozialen Einrichtungen nutzen werden? Gäbe es nicht auch die Möglichkeit, ohne Ditib-Beteiligung eine Moschee zu bauen (ein entsprechender Bedarf einmal vorausgesetzt)? Und warum hat man noch nicht daran gedacht, das Angebot des Autonomen Zentrums schlicht zu erweitern?

Dass der Dialog-Beirat nun für eine Beschleunigung des Planungsprozesses eintritt, ist nicht verwunderlich. Seine Aufgabe ist es ja nicht, in der Stadtgesellschaft für einen wirklichen Dialog (inklusive der Möglichkeit der Umsteuerung) zu sorgen, sondern das Vorhaben „gängig“ zu machen. Der Beirat wie auch das übrige Vorgehen im Falle des geplanten Moscheeneubaus ist ein weiteres Beispiel für die in Wuppertal gern geübte Praxis der Vorfestlegung. Entscheidungen werden getroffen, ohne dass man sich ausreichend mit den relevanten Fakten und Argumenten beschäftigt und ohne dass ein angemessener öffentlicher Diskurs stattgefunden hätte. Übrigens: Es scheint auch noch nicht geklärt zu sein, aus welchen Quellen genau die Mittel für das Vorhaben kommen sollen.

Noch lässt sich der Prozess in Richtung Bebauungsplan aufhalten bzw. umsteuern. Auch der Umstand, dass die Ditib-Gemeinde bereits fast alle benötigten Grundstücke aufgekauft hat, darf hier kein Hindernis darstellen.

Georg Wilke

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