Wuppertaler Tanztheater Ein Dom, Nacktheit, Nelken

Wuppertal · Die Spielzeit 2023/24 des Wuppertaler Tanztheaters, das 50 Jahre alt wird, ist die erste unter alleiniger Leitung des neuen Intendanten und französischen Choreographen Boris Charmatz. Bei der Vorstellung des Programmes wurde deutlich: Er setzt eigene Akzente. Ganz bewusst.

Tanztheater-Intendant Boris Charmatz: Seine eigene Handschrift wird in Zukunft sehr sichtbar sein. Das war bei der Spielzeit-Vorstellung schnell zu spüren.

Tanztheater-Intendant Boris Charmatz: Seine eigene Handschrift wird in Zukunft sehr sichtbar sein. Das war bei der Spielzeit-Vorstellung schnell zu spüren.

Foto: Christoph Petersen

Los geht es am 8. September mit der Uraufführung des Charmatz-Stückes „Liberté Cathédrale“: Siebenmal wird diese fünfteilige Mischung von Körper- und Bewegungsbildern, orchestrierten Orgelklängen, Glockengeläut, Gesang und Stille im architektonisch außergewöhnlichen Mariendom der Nachbarstadt Neviges aufgeführt.

Eine Begegnung von Pina Bausch und Boris Charmatz folgt im November im Opernhaus: Auf die Bühne kommt „Café Müller“ von Pina Bausch zusammen mit den Charmatz-Werken „Aatt enen tionon“ und „herses“ – alles unter dem Titel „Club Amour“. Boris Charmatz nennt diesen Club-Abend einen „Abend des Begehrens, der Sexualität, der symbolischen oder konkreten Nacktheit“ – und sagt: „Die drei Stücke werden das Tanztheater in Schwingung versetzen.“

Im kommenden Jahr darf Wuppertal sich auf die Neueinstudierungen zweier großer Pina-Bausch-Werke freuen: „Nelken“ kommt im Januar und Februar, im Juni gibt es dann „Viktor“. Sehr viele Gastauftritte absolviert das Tanztheater mit unterschiedlichen Stücken von Pina Bausch und Boris Charmatz in Europa sowie in New York.

Übrigens werden bei allen Produktionen die Tänzerinnen und Tänzer des Wuppertaler Ensembles auf der Bühne immer wieder gemeinsam mit Tänzerinnen und Tänzern aus Boris Charmatz‘ eigenem Projekt „Terrain“ agieren. Aber der neue Intendant machte mit Blick auf seine Rolle als (Neu-)Wuppertaler auch deutlich: „Ich lebe und arbeite hier zu 100 Prozent. Ich mache keine eigenen Sachen nebenher.“

Es geht dem Franzosen darum, das künstlerische Erbe von Pina Bausch mit eigenen Kreationen zu verbinden. Seine Formulierung für dieses Ziel: „Wir werden brennende Kunst mit diesem Erbe machen.“

Was es nicht geben wird, ist eine Feierlichkeit zum 50. Geburtstag des Tanztheaters: Den Neuanfang mit neuem Intendanten auf die Spur zu setzen, ist den Verantwortlichen wichtiger. Charmatz‘ Statement dazu: „Wir werden dieses Ereignis ausgiebig feiern. Auf unsere Art!“ Man werde, so seine etwas eigenwillige Formulierung, „die Kerzen sehr langsam, aber mit viel Emotion ausblasen“.

Apropos neue Spur: Die Compagnie wird durch neue Gesichter verstärkt – etwa eine Tänzerin von den Kapverdischen Inseln, die bei der afrikanischen Version von „Das Frühlingsopfer“ im Zentrum stand. Oleg Stepanov und Ekaterina Shushakova dagegen verlassen Wuppertal.

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