1. Kultur

„Der Gott des Gemetzels“ im TiC Theater in Cronenberg

„Der Gott des Gemetzels“ : Seelen wie auf dem OP-Tisch

Zwei Elfjährige hatten Streit. Die gutbürgerlichen Eltern wollen die Situation „zivilisiert“ klären. Das geht gründlich schief, wie das Theater in Cronenberg (TiC) sehenswert zeigt.

Mit „Der Gott des Gemetzels“ von Yasmina Reza hat sich das TiC ein aktuelles Stück vorgenommen – ironisch-komisch und tiefgründig zugleich. Regisseur Thomas Gimbel hat die Handlung von Paris nach Frankfurt verlegt, was die Identifikation mit den Figuren einfacher macht. Wobei Eltern sich ohnehin an vielen Stellen wiedererkennen dürften.

Da sind Annette und Arne (Elisabeth Wahle und Sebastian Freund), die im Business-Outfit gekleideten Eltern von Ferdinand (Kostüme: Mariola Kopczynski). Er hat Bruno mit einem Stock zwei Zähne ausgeschlagen. Im schicken Wohnzimmer von Veronika und Michael (realistischer kann ein Bühnenbild kaum sein: Jan Bauerdick und Benedikt Fiebig) sollen sie mit diesen den Vorfall klären. Zunächst noch um Verständnis bemüht, verlieren Annette und Arne zusehends die Nerven. Denn die resolute Pazifistin Veronika (Sabine Henke) stellt ihren Sohn als armes Opfer dar, der grundlos „entstellt“ wurde. Den wahren Hintergrund der Tat will sie nicht akzeptieren. Ihr weichgespülter Gatte (Alexander Bangen) hingeben will alle Wogen glätten und plaudert – zum Entsetzen seiner Frau – von seiner Jugend und seinen Prügeleien. Zu allem Überfluss klingelt nicht nur ständig Arnes Handy, sondern auch das Festnetztelefon. Die vier Personen verlieren schließlich alle die Beherrschung.

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Im Lauf der zwei sehr kurzweiligen Stunden (mit Pause) erleben die Zuschauer mehrere spannende Veränderungen in den Charakteren. So fühlt man mal mit der einen, dann mit der anderen Figur. Auch das Verhältnis der Handelnden zueinander verändert sich ständig. Der Regisseur macht dies dadurch sichtbar, wie die Personen im Raum verteilt sind – und neben wem jemand sitzt, steht oder hockt.

Einblicke in die Psyche anderer Menschen werden wie auf einem OP-Tisch seziert. Die ausgezeichneten Darstellerinnen und Darsteller haben den großen Applaus redlich verdient, den das begeisterte Premierenpublikum ihnen spendete.