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Nach Toreschluss - die Wochenend-Satire: Stinkbombe 2.0

Nach Toreschluss - die Wochenend-Satire : Stinkbombe 2.0

Heutzutage muss ja alles irgendwie "Punkt Null" sein. Angefangen hat der Irrsinn mit dem "Web 2.0". So benannte ein amerikanischer Verleger vor elf Jahren eine Konferenz, in der über das Internet zum Mitmachen für alle diskutiert wurde.

Das war fatal. Inzwischen ist nämlich alles, was entweder neu und/oder elektronisch ist, mindestens "2.0". Wenn nicht sogar noch mehr.

Nehmen Sie nur mal "Wuppertal 3.0". So hat sich die Bürgerplattform genannt, die einen neuen Oberbürgermeisterkandidaten aus der Mitte des Volkes finden wollte. Weil keiner mitgemacht hat, handelt es sich in Wirklichkeit um "Wuppertal 0.0". Das ist schade, aber immer noch besser als die "Initiative WSV 2.0". Aus der ist mittlerweile "WSV 0:1" mit starker Tendenz zu Image-Eigentoren geworden.

Eher überschaubar ist auch der Erfolg der "Bürgerinitiative Straßenbahn zurück nach Wuppertal ÖPNV 2.0" mit bisher nur 56.0 gehobenen Facebook-Daumen. Das könnte unter anderem am Namen liegen. Im Jahresprogramm (2015.0?) des CVJM Wuppertal stand unterdessen Ende Januar ein besonderes Highlight auf dem Plan: "Rodeln 2.0" im Wintersportparadies Plettenberg. Bei näherem Hinsehen handelt es sich um Skibobfahren ...

  • WSV-Trainer Hüzeyfe Dogan.
    Fußball-RL: 1:2 (1:1) in Rödinghausen : WSV-Niederlage nach Führung, Blitz und Donner
  • Valdet Rama traf doppelt.
    Fußball-Pokal: 5:2 (3:1) in Benrath : WSV löst die Pflichtaufgabe
  • Kevin Rodrigues nach seinem verwandelten Elfmeter
    Fußball-RL: 5:1 (2:1) gegen Lippstadt : WSV meldet sich mit vielen Toren zurück

Beschäftigen könnte man sich zudem mit dem in Wuppertal heimischen Internet-Blog "Freimaurer 2.0". Er enthält Sätze wie "Eure Zeit ist begrenzt. Vergeudet sie nicht damit, das Leben eines anderen zu leben." Diesem Rat folgend verzichten wir auf die weitere Lektüre 2.0 und wenden uns stattdessen den Stinkbomben 2.0 zu, die aktuell in Wuppertal fast täglich zum Einsatz kommen. Sie haben das ja bestimmt auch gelesen: Buttersäure-Anschläge auf zwei Schulen, eine Spielhalle und ein Büro. "Wo gibt es denn sowas?", werden Sie sich jetzt vielleicht naserümpfend fragen. Ich kann's ihnen sagen: im "Web 2.0" auf der Mitmach-Plattform "helpster", die jede Menge Praxistipps für das tägliche Leben bietet. Zum Beispiel mit einem ausführlichen Video zum Thema "Stinkbomben selber machen — Anleitung". Empfehlung des Filmemachers Lars Schmidt: "Besorgen Sie sich Buttersäure in der Apotheke und füllen Sie sie in ein leeres Glasfläschchen für Parfümpröbchen ab." Bei der Herstellung sei es aber ratsam, die Nase mit einer Wäscheklammer zu verschließen. Denn: "Buttersäure stinkt wirklich extrem."

Das bestätigt das vielleicht größte aller 2.0-Projekte, das nicht fast alles, sondern alles fast wissende Mitmach-Lexikon "Wikipedia": Hier findet sich zum Thema Buttersäure eine am Ende auch für Betroffene fast schon tröstliche Begriffserklärung: "Buttersäure ist eine bei Zimmertemperatur farblose Flüssigkeit, die im Wesentlichen den unangenehmen Geruch von Erbrochenem oder ranziger Butter ausmacht, woher auch der Name stammt. Der Mensch bewertet den Geruch negativ, die Stubenfliege dagegen positiv."

Ich glaube, ich lese zur Erholung dieses Wochenende mal wieder ganz in Ruhe im 20-bändigen Großen Brockhaus, den ich von meinen Eltern geerbt habe. Für die jüngeren Leser: Das ist "Wikipedia minus 2.0 plus Gehirn"...
Bis die Tage!