Kommentar zu den Baustellen Den Menschen sagen, was Sache ist!

Wuppertal · War früher alles besser? Angesichts der Elberfelder Fußgängerzone liegt die Vermutung nahe. Unsere Leserin Claudia Klatten allerdings hat in einem Brief (siehe unten) die Poststraßen-Nostalgie auf den Boden der Realität gesetzt.

Baustelle im Februar 2023 in der Poststraße.

Baustelle im Februar 2023 in der Poststraße.

Foto: Achim Otto

Sie schreibt: „So schwierig auch der Umbau des Döppersberg inklusive ‚Harnröhre‘ war, umso schöner und offener ist der Hauptbahnhof geworden. Aber das nur am Rande. Was mich wirklich stört, sind Aussagen bezüglich der Poststraße als damalige ‚Prachtstraße‘. Der geneigte Leser möge sich doch bitte zurückerinnern an eine Zeit, als es den Brunnen vor den City-Arkaden (damals noch nicht gebaut) gab. Das war ein schlimmes Bild und nicht vergleichbar mit den Verhältnissen jetzt.“

Die Dame hat recht. „Prachtstraße“ war die Poststraße, in der ich übrigens aufgewachsen bin, vor etwa 30 oder 40 Jahren noch. Danach kam, erst langsam, dann mit Macht, der Boom der Billigläden und Handy-Shops.

Dass das so kam, hat nichts mit Vernachlässigung durch „die Stadt“ zu tun. Sondern damit, dass Immobilienbesitzer, die nicht in Wuppertal, manchmal noch nicht einmal in Deutschland sitzen, möglichst hohe Mieten einfahren wollen – und ihnen die Innenstadt-Atmosphäre von Elberfeld unvorstellbar egal ist.

Das ist übrigens auch einer der Gründe, warum die Immobilien-Standortgemeinschaft (ISG) für die Poststraße, für die es eine Mehrheit engagierter Immobilieninhaber hätte geben müssen, gescheitert ist. Die Immobilieneigentümer-Situation auf dem Werth in Barmen ist bei diesem (wichtigen) Detail eine andere.

Es nützt also gar nichts, alten Zeiten – die so golden auch nicht waren – nachzutrauern.

„Schuldige“ muss man gleichwohl benennen: Die Kommunikations-Verweigerer, die die Bürger einfach mit einer Riesenbaustelle, die alles in allem bis 2034 dauern soll, konfrontiert haben. Ohne den erklärenden Dialog mit den Menschen zu suchen. Das soll jetzt besser werden. Schauen wir mal.

Oder man erinnere sich daran, dass das 2022 mit knapper CDU-FDP-Mehrheit novellierte NRW-Denkmalschutzgesetz (Denkmalschutz ist Ländersache!) dazu geführt hat, dass bei einer Großbaustelle wie in der Poststraße jetzt – wegen möglicher Bodendenkmalspuren – jeder Stein & Co. umgedreht und begutachtet werden muss. Was für Historiker und Archäologen großartig ist, kann anderswo fatale Folgen haben.

Zum Beispiel an der Ecke Raukamp und Uellendahler Straße. Dort ist vor beinahe einem Jahr bei einem Unfall eine (historische!) Mauer beschädigt worden. Seitdem ist eine Fahrspur gesperrt, es gibt regelmäßig Ärger an der stark frequentierten Kreuzung, wo sich auch noch ein beliebter Supermarkt befindet. Wir haben bereits zahlreiche Leserbriefe zu diesem Thema veröffentlicht.

Wer als Bürger in dieser Sache an die Stadt schreibt, so geschehen Mitte Februar, erfährt: Die Mauer ist ein denkmalgeschütztes Bauwerk, ihre Instandsetzung viel aufwändiger als üblich. Einen Zeitpunkt der Fertigstellung kann der zuständige Verwaltungsmitarbeiter nicht nennen. Wegen der aufwändigen Dokumentationen sowohl beim Abbruch als auch beim Wiederaufbau. Und weil zum Beispiel nur denkmalgerechter Mörtel verwendet werden darf. Bis Ende des Winters müsse man damit rechnen, dass vor Ort alles so abgesperrt bleibt, wie es ist. So, so.

Jede Woche gibt es eine Oberbürgermeister-Pressekonferenz. Bei der werden gerne „Integrierte Handlungskonzepte“ aller Art sowie anderes Programmatisches vorgestellt.

Es wäre schön, wenn dort regelmäßig ein konkretes „Ärger-Thema“ aus einer konkreten Ecke der Stadt benannt und erklärt würde.

Anlässe dafür gäbe es sicher mehr als genug.

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