Kommentar zum beigelegten IHK-Vorstandsstreit Was für ein Eiertanz!

Wuppertal · War was? Klingelt da beim Wort "Eiergate" was bei Ihnen? Richtig! Kurz vor der OB-Stichwahl Ende September bescherte uns die sonst so seriöse IHK eine kleine Schlammschlacht. Die spitzte sich medienwirksam derart zu, dass es am Ende hieß: Er oder ich, also Heynkes oder Meyer, Vizepräsident oder Präsident.

 Rundschau-Redakteurin Nicole Bolz.

Rundschau-Redakteurin Nicole Bolz.

Foto: Bettina Osswald

Die Antwort auf dieses ultimative Duell stand noch aus. Jetzt ist sie gegeben — sie lautet: keiner.

Am Montag ließ die IHK in einer Pressemitteilung verlauten, der Streit mit dem Vizepräsidenten Jörg Heynkes sei beigelegt. Das könnte man jetzt als Sieg der Vernunft feiern, wenn, ja wenn es vor gerade mal zwei Monaten um nicht weniger als "das Recht auf freie Meinungsäußerung" gegangen wäre, das sich der Wuppertaler Unternehmer Heynkes von niemandem und in keiner Situation absprechen lassen wollte. In der selben Frage vollzieht der Geschäftsführer der Villa Media nun eine geradezu akrobatische Rolle rückwärts. Was war geschehen?

Auslöser aller Streitigkeiten war seinerzeit ein privater Facebook-Post des IHK-Vize Heynkes, in dem er sich nicht nur klar für den damaligen SPD-Oberbürgermeister-Kandidaten Andreas Mucke und für eine Abwahl Peter Jungs (CDU) positionierte, sondern auch — auf IHK-untypische Art — darüber sinnierte, ob denn "Andreas (Mucke, Anmerkung der Redaktion) die Power und die Eier hat oder entwickeln wird, sich gegen konservative Kräfte um Klaus Jürgen Reese innerhalb der SPD durchzusetzen".

Eine Lawine kam ins Rollen. Im Schnelldurchlauf: Peter Jung beklagte sich bei der IHK über Heynkes, die IHK beklagte sich bei Heynkes, Heynkes beklagte sich auf Facebook über die IHK und Jung. Schließlich forderte IHK-Präsident Meyer seinen Vize auf, solche Stellungnahmen in Zukunft zu unterlassen, was dieser — siehe oben — jedoch keinesfalls mit seinen Prinzipien vereinbaren zu können meinte. Dafür erntete er bei Facebook viel Beifall, man attestierte ihm für diese Haltung sogar exakt jene "Eier", die er selbst sich von Andreas Mucke wünschte. Dafür entzog Thomas Meyer Heynkes das Vertrauen und sah keine Grundlage für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit. Am Ende ließ sich auch Thomas Meyer unvorsichtigerweise zu der Aussage treiben, entweder gehe Heynkes — oder er selbst würde seinen Hut nehmen ...

Im gar nicht so fernen Düsseldorf sorgte diese Provinzposse im Wirtschaftsministerium für kleine Sorgenfalten. Hinter vorgehaltener Hand hieß es damals, das Vorgehen — Heynkes für seine privaten Äußerungen aus seinem Amt drängen zu wollen — werfe juristische Fragen auf, die die Rechtsaufsicht mit den Verantwortlichen bei der IHK im Bergischen klären wolle. Immerhin genieße Heynkes als Privatperson selbstverständlich das Recht auf freie Meinungsäußerung. Eine verzwickte Lage also für den IHK-Präsidenten, der sich mit seinem "er oder ich" selbst in Zugzwang gebracht hatte.

Inzwischen haben sich die Vorzeichen geändert: Peter Jung wurde abgewählt, Andreas Mucke sitzt statt dessen auf dem Stuhl des Oberbürgermeisters. Und plötzlich findet Jörg Heynkes: "Aus Respekt vor der Meinung der anderen und auch um die gemeinsame Sicht auf die notwendige parteipolitische Neutralität nicht zu verletzen, habe ich mich entschlossen, mich dem Vorschlag anzuschließen, öffentliches parteipolitisches Engagement oder parteipolitische Aussagen in Zeiten von Wahlkämpfen zu unterlassen, so lange ich Mitglied des Präsidiums der IHK bin. (...) Ich freue mich, dass wir trotz der Diskussion der letzten Wochen eine effektive und wertschätzende Zusammenarbeit mit Präsident, Hauptgeschäftsführer und Präsidium pflegen und weiter pflegen können." Und auch Thomas Meyer scheint keinerlei Bedenken gegen eine weitere Zusammenarbeit mit Heynkes mehr zu haben. Keiner muss gehen, beide können — halbwegs — ihr Gesicht wahren. Friede, Freude, Eier — ach, lassen wir das ...

Was bleibt nun von diesem Eiertanz? Der fade Beigeschmack, dass die viel gescholtene "Hinterzimmerpolitik" im Rathaus auch gängige Praxis in anderen Institutionen ist. Dass ein Amtssitz eine verdammt große Anziehungskraft hat. Und dass der Beweis, dass diejenigen, die "Eier" von anderen fordern, auch selbst welche haben, erst noch erbracht werden muss.

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