Kommentar zur "Qualitätsoffensive Innenstadt" Denken Sie groß!

Wuppertal · "Sie sind spät dran." So mahnte am vergangenen Donnerstag die Bochumer Landschaftsarchitektin Christine Wolf. Sie war eine Referentin der Auftaktveranstaltung der "Qualitätsoffensive Innenstädte" des Bundes Deutscher Architekten (BDA) und der Stadt Wuppertal im Rahmen von "Wuppertal 2025" und wollte mit ihrem Vortrag über gelungene Innenstadt-Plätze den Wuppertalern Anregungen zur Gestaltung des Neumarkts geben.

 Rundschau-Redakteurin Nicole Bolz.

Rundschau-Redakteurin Nicole Bolz.

Foto: Bettina Osswald

Spät dran — was Wolf damit meinte: Während am Döppersberg mit dem Investoren-Kubus samt Primark sowie dem FOC, das Mitte 2017 — also in anderthalb Jahren — eröffnet werden soll, bereits Fakten geschaffen wurden, schaut man am anderen Ende der Elberfelder Innenstadt noch ratlos in die Glaskugel. Was kann man tun, um hier einen Gegenpol zum mächtigen neuen Zentrum zu schaffen? Was ist es, das die Menschen auch nach Mitte 2017 weiter in die Fußgängerzone lockt, zum Wall, zur Rathaus Galerie, zum Kaufhof?

Bis jetzt gibt es dazu keinerlei konkrete Ideen. Warum? Weil es bisher in Wuppertal kein übergreifendes und vorausschauendes Stadtentwicklungskonzept gibt. Eine Art Masterplan, eine Vision einer lebenswerten Stadt, mit Lebensqualität jenseits großer Shopping-Center. Stadtplanerische Entscheidungen waren überwiegend den wirtschaftlichen Interessen geschuldet. Ein kleiner Ausverkauf der Stadt an Investoren. Und niemand war da, der diese Entwicklungen weiter gedacht hat. Mit der Folge, dass man jetzt möglichst schnell ein möglichst allumfassendes Konzept entwickeln — und umsetzen — muss, das möglichst viele der negativen Auswirkungen des übermächtigen Döppersberg verhindert.

Dass Elberfeld dabei viel Potenzial mitbringt — das hat nicht nur Christine Wolf der Stadt bescheinigt. Mit Luisenviertel, Laurentiusplatz, Gastromeile am Kasinokreisel gibt es sie, die ersehnten Frequenzbringer. Was es jedoch nicht gibt: eine Verbindung zwischen diesen einzelnen Orten. Statt dessen zu viel Beliebiges zwischen dem, was typisch Wuppertal ist. Auch hier braucht es ein Konzept, das aus einzelnen Highlights ein stimmiges Ganzes schafft.

Im Zentrum aller Möglichkeiten liegt dabei Elberfelds "gute Stube", der Neumarkt. Ein Platz, der bislang ein etwas unscheinbares Dasein fristet, der jedoch enormes Potenzial hat — wenn man denn wagt, ihn ganz neu zu denken. Das jedoch braucht nicht nur Kreativität, sondern auch Mut. Mut, die Chancen, die darin liegen zu sehen — und auch gegen mögliche Einzelinteressen umzusetzen. Denn wie beim Seilbahn-Projekt üben auch hier die Betroffenen den Widerstand. Veränderungen — bitte nicht hier! Was sie dabei übersehen: Wenn Wuppertal den Wandel nicht aktiv selbst gestaltet, dann brauchen sich Marktbetreiber und Einzelhändler auch nicht darüber zu streiten, wer ein größeres Recht am Neumarkt hat. Denn dann gibt es bald kaum noch Besucher, die in Elberfelds Fußgängerzone kommen. Weder in die Geschäfte, noch auf den Markt!

"Im Dialog mehr erreichen", so lautet der Zusatztitel der "Qualitätsoffensive Innenstädte". Das sollten sich alle Akteure endlich zu Herzen nehmen und gemeinsam Lösungen suchen, statt sich gegenseitig zu bekämpfen. Schließlich haben sie alle das gleiche Ziel. Suchen Sie Kompromisse! Denken Sie groß! Zeigen Sie Herz und Verantwortung für Ihre Stadt! Aber beeilen Sie sich. Wir sind spät dran...

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