Kommentar zur Cannabis-Legalisierung Nein, das Abendland geht nicht unter!
Wuppertal · Seit dem 1. April ist der Konsum von Cannabis für alle ab 18 Jahren erlaubt. Seit rund neun Monaten darf also in Deutschland, und damit auch in Wuppertal, gekifft werden. Wo und wann, dafür gibt es Richtlinien. Während die einen durch die Teillegalisierung den Untergang des Abendlandes befürchteten und dadurch den Weg für geradezu grenzenlosen Drogenkonsum geebnet sahen, zünden sich die anderen jetzt legal eine Cannabis-Zigarette an – und machen weiter wie bisher.
Zu denen voller Cannabis-Furcht gehört die Wuppertaler CDU. Im März, kurz vor der Freigabe, teilte CDU-Chef Johannes Slawig mit, dass der Konsum vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht ohne Folgen bliebe, und Cannabis ein hohes Suchtpotenzial habe. Zudem befürchtete der Politiker die Belebung des Schwarzmarktes sowie zusätzliche Belastungen für Polizei und Justiz.
Ich kann die gesundheitlichen Sorgen um Kinder und Teenager verstehen: Drogen, egal in welcher Form, gehören nicht in die Hände von Minderjährigen. Was ich aber nicht verstehen kann, ist, dass, man mündigen Erwachsenen unterstellt, durch Cannabis-Konsum die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren. Ich kenne Menschen in meinem Umfeld, die ich gerne „Genuss-Piefer“ nenne. Niemand von ihnen vegetiert teilnahmslos vor sich hin und steht antriebsvermindert seinen Alltagsanforderungen mit Gleichgültigkeit gegenüber, weil er oder sie sich am Wochenende mal eine „Lunte“ gönnt. Natürlich kann Cannabis die Einstiegsdroge in eine Suchtkarriere sein, aber an dieser Stelle fehlt mir ganz klar der Aufschrei zum Thema Alkoholkonsum.
Der Konsum dieser flüssigen Droge ist ein fester Bestandteil vieler Festlichkeiten: Zum „Langen Tisch“ wird fröhlich ausgeschenkt – schon mittags, im Beisein von Kindern und Jugendlichen. Das Gleiche gilt für den „Elberfelder Cocktail“ und „Barmen geht live“. Wenn sich Großtante Erna an Heiligabend mit Eierlikör beschwipst, und den Kindern mit cremigen Rum-Lippen Küsschen auf die Wangen drückt, oder Vati sich nach Feierabend zwei Flaschen Bier gönnt, ist das doch für die allermeisten völlig in Ordnung.
Alkohol ist fester Bestandteil menschlicher Kulturgeschichte, ja gar Kulturgut. Er erfüllt viele Funktionen: Er kann zur Reinigung verwendet werden, ist manchmal Bestandteil von Arzneimitteln, bringt Menschen beim gemeinsamen Umtrunk zusammen. Nochmals: oft im Beisein von Kindern! Alkohol ist aber auch schädlich – beispielsweise für die Leber. Wer Cannabis verteufelt, sollte meiner Meinung nach auch den legalen Konsum von Alkohol hinterfragen.
Ich möchte an dieser Stelle kein Plädoyer gegen Alkohol und eines für Cannabis halten. Ich wundere mich nur darüber, wieso Menschen die Teillegalisierung einer Droge für den Untergang unserer Gesellschaft halten, während die andere Droge gar nicht zur Debatte gestellt wird.
Apropos Untergang: Die CDU hat im November eine Anfrage an die Verwaltung zum Cannabiskonsum in Wuppertal und dem Umgang des Ordnungsamtes damit gestellt. Im Folgenden liste ich die Fragen und die Antworten dazu auf: „Welche Maßnahmen hat das Ordnungsamt ergriffen, um Verstöße gegen vorgenannte Richtlinien zu ahnden?“ Antwort: „Ordnungsamt, Polizei und Jugendamt verzeichnen bisher kein erhöhtes Beschwerdeaufkommen in Bezug auf unzulässigen Cannabiskonsum im öffentlichen Raum.“
Frage: „Wie hoch sind die Fallzahlen durch die seit Einführung des Gesetzes erfolgten Kontrollen seitens des Kommunalen Ordnungsdienstes?“ Antwort: „Vier Fälle von Konsum in Nähe von Schulen und Spielplätzen konnten ermittelt werden. Dem lagen Hinweise aus der Bevölkerung zugrunde, in denen es aber nicht um Cannabiskonsum ging. Vielmehr beschwerte man sich über Lärm.“
Frage: „Wie viel zusätzliches Personal wird für den Kommunalen Ordnungsdienst benötigt, um Kontrollen gewährleisten zu können?“ Antwort: „Nennenswerte Veränderungen haben sich bisher nicht ergeben. Daher gibt es derzeit keine konkreten Überlegungen, unter dem Gesichtspunkt verbotenen Cannabiskonsums zusätzliche Stellen einzurichten.“
Ich sage: Diese Antworten sprechen deutlich für sich. Das Abendland geht nicht unter. Wir können uns alle wieder entspannen.