Kommentar zum Tod von Friedhelm Runge Ein großer Verlust
Wuppertal · Friedhelm Runge war zweifelsohne eine der schillerndsten Figuren, die der Wuppertaler Sport jemals vorgebracht hat. Ihn, der in der vergangenen Woche in der Nacht von Donnerstag auf Freitag im Alter von 85 Jahren gestorben ist, allein auf sein von 1991 bis 2013 ausgeübtes Amt als Vorsitzender der WSV-Fußballer zu reduzieren, würde viel zu kurz greifen. Diesen Fehler hat die Stadt Wuppertal oft genug gemacht.
Runge unterstützte mit seiner Firma EMKA, die er zu einem Weltmarktführer ausgebaut hat und die einen überaus arbeitnehmerfreundichen Ruf besitzt, eben nicht nur den WSV, sondern beispielsweise auch die Fußballer des Cronenberger SC, des SSV Germania und der SSVg Velbert sowie das Rollhockey-Team des RSC Cronenberg.
Dazu sponserte er die Hallenfußball-Stadtmeisterschaft in der Uni-Halle sowie diverse Box- und Kickbox-Events. Vom Umbau der Stadion-Stehplatztribünen ganz zu schweigen. Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Hinzu kam gemeinsam mit seiner Frau Marita ein umfassendes soziales Engagement – oftmals im Verborgenen und ohne es an die große Glocke zu hängen. So ist Marita Runge aktive Tierschützerin und unter anderem Schirmherrin des Ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienstes Bergisch Land des Caritasverbandes.
Die Zahl der Trainer und Spieler (darunter durchaus prominente Namen), denen beide aus persönlichen (auch finanziellen) Notlagen halfen, ist groß. Ein Ex-Zweitliga-Coach sagte einmal, er habe nach der Beurlaubung noch nie so schnell und vor allem korrekt die vereinbarte Abfindung erhalten wie beim WSV.
Als Friedhelm Runge 1990 beim WSV begann, zahlte er erst einmal 500.000 DM in die Kasse ein, um sie auf Null zu stellen. Wie hoch die Summe ist, die in den folgenden fast dreieinhalb Jahrzehnten aus seiner bzw. der EMKA-Schatulle auf das Konto des Vereins floss, darüber kann nur spekuliert werden. 20 Millionen, 30, 50? Letztlich egal, sie ist jedenfalls immens.
Natürlich stand Runge ob seiner Vereinsführung fast ständig in der Kritik. Legendär ist seine Aussage auf einer der Jahreshauptversammlungen: „Der Verein ist schuldenfrei – bis auf das Geld, das er mir schuldet.“ Was er aber nie zurückforderte.
Mit ihm könne man nicht zusammenarbeiten, hieß es oft aus der Wirtschaft. Der Neuanfang nach seinem Rücktritt 2013 scheiterte. Die Nachfolger zerstritten sich, die vermeintlichen Sponsoren standen eben nicht Schlange. Und sie werden es auch weiterhin nicht. Spitzensport hat in Wuppertal keine Priorität. Dabei würden 20 Unternehmen reichen, die jeweils 50.000 Euro geben (und dafür beispielsweise einen Wirtschaftsrat bilden), um einen Etat-Grundstein zu legen. Die Wirtschaftskrise ist kein Argument: In vergleichbaren Städten geht es schließlich auch. Weil es gewollt ist.
Andere Kommunen wären – trotz aller Schwierigkeiten – dankbar über einen Mann gewesen, der sich so engagiert hat. Die Wuppertaler Verwaltung sowie die allermeisten Politikerinnen und Politiker (Andreas Mucke und Dr. Stefan Kühn seien da ausdrücklich ausgenommen) waren es nicht. Runge schien eher lästig zu sein. Ehrenring? Ging lieber an Wim Wenders. Andere Auszeichnungen? Fehlanzeige. Das Kondolenzschreiben war freundlich gehalten. Das war’s.
Wie groß die durch Friedhelm Runges Tod entstandene Lücke ist, werden die kommenden Jahre zeigen. Klein ist sie ganz bestimmt nicht – und das nicht nur finanziell.