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Fehlendes Stadtverwaltungspersonal: Argumente für den Altschuldenfonds

Kommentar zum fehlenden Stadtverwaltungspersonal : Argumente für den Altschuldenfonds

Wenn es Arbeit zu tun gibt, braucht man Leute. Und wenn es viel Arbeit zu tun gibt, braucht man mehr Leute. Wenn die Wirklichkeit aber anders aussieht, merken die Menschen das.

So beispielsweise in Sachen Wuppertaler Stadtverwaltung, wo die Menschen, die etwas merken, einerseits die dort Beschäftigten sind – und andererseits wir, die als Kunden etwas von der Verwaltung möchten und/oder brauchen.

In dieser Ausgabe der Wuppertaler Rundschau geht es (siehe Titelseite und hier auf Seite 4) gleich zweimal um Bereiche, in denen die seit deutlich über zehn Jahren gefahrene Personaleinsparungspolitik spürbare Folgen hat: Die geradezu lächerliche Finanz- und Personalausstattung für den Radverkehr im ohnehin schlecht ausgestatteten Verkehrsressort passt zum Jahrhundertziel der „Verkehrswende“ natürlich null. Das stößt nicht nur dem ADFC sauer auf.

Und in Sachen Ausländerbehörde, wo es – Verzeihung für den hinkenden Vergleich – nicht „nur“ um Fahrräder, sondern um Menschen geht, hat die Zahl der Verwaltungsmitarbeiter mit der im Vergleich zu vor zehn Jahren völlig anderen Zuwanderungswirklichkeit überhaupt nicht Schritt gehalten.

Womit hat die rigide Personaleinsparungspolitik (die übrigens auch für die seinerzeit unwürdigen Schlangen vor dem Einwohnermeldeamt und die Terminvergabeprobleme im Straßenverkehrsamt mitverantwortlich ist) eigentlich begonnen? Diese Frage ist nicht einfach „aus der Hüfte“ zu beantworten.

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Ich denke, da geht es um eine Mischung von aus der freien Wirtschaft auf kommunale Finanzen einfach übertragener „Schwarzer-Null-Gläubigkeit“, dem ewigen Ignorieren der Bedeutung eines Altschuldenfonds für finanzschwache Kommunen – und dem Märchen, dass ein „schlanker“ Staat für die Menschen, die in ihm leben, etwas Gutes sei. 

Eine Kommune ist kein Privathaushalt und auch kein „normales“ Wirtschaftsunternehmen. Das bedeutet natürlich nicht, dass Kämmerer und/oder Politiker das Geld (der Steuerzahler) mit vollen Händen aus dem Fenster werfen dürfen. Aber eine kommunale Verwaltung hat für die Versorgung der Menschen in einer Stadt zu sorgen. Für die Versorgung mit einer erstaunlich großen Zahl beispielsweise von Dienstleistungen und Infrastrukturangeboten, auf die alle Bürger eines Staates beziehungsweise einer Stadt einen definitiven Anspruch haben. Und zwar ohne Warteschlangen vor irgendwelchen Türen oder Warteschleifen an irgendwelchen Telefonen. 

 Stefan Seitz.
Stefan Seitz. Foto: Bettina Osswald

Deswegen gehört es sich, dass eine Stadtverwaltung personell gut ausgestattet ist. Damit es genug Menschen drinnen gibt, die die Arbeit für die Menschen draußen verlässlich, gut und rasch erledigen können.

Der „schlanke“ Staat und/oder die „schlanke“ Stadtverwaltung mögen vielleicht einen Schönheitswettbewerb gewinnen. Das nützt aber niemandem. Und man darf auch nicht vergessen, dass die Erfinder (und die Benutzer) des Begriffes „der schlanke Staat“ einkalkulieren, dass der Gegensatzbegriff zu „schlank“ entweder „fett“ oder „übergewichtig“ lautet – und damit unbewusst negative Assoziationen weckt beziehungsweise sogar absichtlich wecken soll.

Die angemessene Personalausstattung der Verwaltung einer Großstadt wie Wuppertal gehört im Interesse der Menschen, die hier leben, zu den großen Aufgaben der Zukunft. Denn ohne genug Leute, die die Arbeit in Rathaus & Co. machen, sind die anderen großen Aufgaben der Zukunft gar nicht umzusetzen.

Deswegen: Unbedingt her mit dem Altschuldenfonds! Ich bin gespannt, ob die neue Regierung das endlich begreift ...