Kommentar zum verkaufsoffenen Sonntag Ein Urteil ohne Gewinner

Wuppertal · Das war schon eine kuriose Situation: In Barmen durfte der verkaufsoffene Sonntag am vergangenen Wochenende über die Ladentheken gehen, in Elberfeld dagegen nicht. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte ihn im Westen auf einen Eilantrag der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hin untersagt. Ein Vorgang ohne wirkliche Gewinner.

 Erst am Montag durften die Elberfelder City-Arkaden wieder öffnen.

Erst am Montag durften die Elberfelder City-Arkaden wieder öffnen.

Foto: Christoph Petersen

Vordergründig kann sich ver.di zwar als Sieger sehen, schließlich hat die Gewerkschaft formaljuristisch Recht bekommen. Doch längst erzählen Mitglieder hinter vorgehaltener Hand, es sei vor allem um eine Machtdemonstration gegangen und nicht um die von der stellvertretenden Bezirksgeschäftsführerin Silke Iffländer vorgetragene inhaltliche Argumentation („In dieser schweren Zeit müssen die Beschäftigten des Einzelhandels auch mal einen Tag Ruhe haben – gerade in dem Weihnachtstrubel, den es trotz der Pandemie in unseren Innenstädten gibt“).

Zur Erinnerung: Es gab in Wuppertal eine Zeit, in der verkaufsoffene Sonntage fast schon inflationär stattfinden sollten. Das war seinerzeit zweifelsohne zu viel, der Protest von ver.di damals absolut nachvollziehbar. Nun aber wäre es der allererste und auch der einzige in Elberfeld in diesem Jahr gewesen, und das für fünf Stunden. In einem Jahr, das für viele Angestellte von Kurzarbeit, Einkommensverlusten und Jobängsten geprägt war und ist. In einem Jahr, in dem die Paketdienste die Straßen immer mehr verstopfen (wofür am allerwenigsten die unterbezahlten Fahrerinnen und Fahrer etwas können) und die dahinterstehenden Konzerne ihre Gewinne geradezu lächerlich gering versteuern. Was nutzen millionenschwere Innenstadtoffensiven, wenn dort nur noch die üblichen Verdächtigen präsent sind?

Als im Herbst in Wermelskirchen der verkaufsoffene Sonntag anlässlich der traditionellen Herbstkirmes aus formalen Gründen gekippt wurde, war die Empörung im dortigen Einzelhandel und bei den Beschäftigten ziemlich groß. Sie richtete sich vor allem gegen ver.di. Eine Woche später, nach einem neuen Beschluss des Rates, fand die Veranstaltung dann doch statt. Nun am Ende der Kirmes.

Die Gewerkschaft allein zum Buhmann zu machen wäre aber falsch. Während die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler in Barmen ihren Antrag mit dem entsprechenden Zahlenmaterial sorgfältig untermauert hatten, blieb der Elberfelder viel zu vage. Auch entsprechende Fingerzeige aus dem Rathaus, in dieser Form werde er wohl einkassiert, wurden überhört.

Insofern ist ver.di-Kritik („Wir haben die Stadt frühzeitig darauf hingewiesen. Die Stadt hat diese Hinweise nicht beachtet und dafür die bereits am 16. November beschlossene Verordnung erst am Abend des 2. Dezember bekannt gemacht“) nicht falsch. Die handwerklichen Böcke waren zu groß. Der Antrag entsprach schlicht und ergreifend nicht den Anforderungen. Trotzdem bleibt die große Frage, ob die Klage mit Blick auf die momentane Lage des Einzelhandels wirklich notwendig war ...

Hoffentlich nur eine unglückliche Formulierung ist indes die Feststellung des Wuppertaler Bürgermeisters und CDU-Landtagsabgeordneten Rainer Spiecker, dass es nicht sein dürfe, dass Gerichte über Themen entscheiden, die in den Städten geregelt werden. Doch, natürlich sollen und müssen sie das, das ist das Wesen des Rechtsstaates.

Zustimmen kann man ihm, wenn er sagt: „Da muss sich etwas ändern.“ Nun, Spieckers CDU bildet mit der FDP die Landesregierung. Zeit für eine saubere, klare, unangreifbare Regelung war und ist genug. Das Thema ist schließlich nicht neu. Sondern inzwischen nur noch absurd. Gerichte können nichts dafür.

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