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Kommentar zum Osterholz, zur L 419 und mehr: Einmal den Pelz waschen

Kommentar zum Osterholz, zur L 419 und mehr : Einmal den Pelz waschen, bitte ...

Umweltschutz? Auf jeden Fall ein Muss! Klimawende? Unbedingt notwendig! Da sind sich auch in Wuppertal alle demokratischen Parteien einig. Geht es aber um konkrete Fälle wie den Osterholz-Wald oder den Ausbau der L 419 in Ronsdorf, für den mehrere Hektar gerodet werden sollen, ist es vorüber mit dem Schulterschluss.

Es ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Die Linken lehnen die Fällungen kategorisch ab, die Grünen sind (zu) spät in den Ring gestiegen, die CDU (die im Rat mit den Grünen koaliert) will Umweltschutz, verweist aber auf geltendes Recht, die wirtschaftsnahe FDP ohnehin. Die SPD hält sich zurück. Wie beim Thema Forensik haben die Nachbargemeinden auch hier Wuppertal den Vortritt gelassen.

Blicken wir zurück, Ende Februar 2021. Damals schrieb ich an dieser Stelle: Oberbürgermeister Schneidewind habe mit seinem Plan, möglichst viele Menschen einzubinden, „große Hoffnungen geweckt – etwa in der Wirtschaft, aber auch bei Umweltverbänden. Das Thema Waldgebiet Osterholz zeigt, wie hart die Interessen aufeinanderprallen. (..) Und im Nordpark will der Betreiber der neuen ,Turmterrassen‘ seine Gäste sicherlich keinen 500 Meter langen Weg gehen lassen. Die nun ausgehandelten 50 zusätzlichen Parkplätze sind eine Zwischenlösung. Ende offen. Ein Baum wird gefällt oder eben nicht. Irgendwann muss die Entscheidung getroffen werden. Die entsprechenden Reaktionen folgen.“

  • Demo am Sonntag im Osterholz.
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  • Die Grube Osterholz soll erweitert werden.
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So ist es eingetreten, eine Glaskugel war dafür nicht notwendig. Wer nun aber wie die Liberalen dem OB „reine Augenwischerei“ bei der Suche nach einer Osterholz-Lösung vorwirft, liegt doch etwas falsch. Nein, Schneidewind hat sich wirklich bemüht, auch wenn er mit seinem „Runden Tisch“ gescheitert ist.

Genauso wäre es absolut unredlich, die zahlreichen Demonstrantinnen und Demonstranten zu verunglimpfen. Das erinnert sonst an die Wackersdorf-Proteste in den 1980er Jahren (ja, auch damals gab es schon jede Menge Umweltschutz-Initiativen), an denen zahllose „normale“ Bürgerinnen und Bürger sich beteiligt hatten – die dann von der bayerischen Landesregierung übel diskreditiert wurden.

Deutliche Stellungnahmen wären momentan in anderen Fragen viel angebrachter. Die von der Bürgerinitiative „Osterholz Bleibt!“ angekündigte Verfassungsbeschwerde ist in einem demokratischen Staat ein legitimes Recht.

Der FDP-Vorsitzende Alexander Schmidt fordert derweil, es müsse „Ökologie und Ökonomie im Einklang gedacht und nicht gegeneinander ausgespielt werden. Nur so kann es gelingen, Umweltschutz und Wohlstand zu gewährleisten.“ Das stimmt und wäre der Idealfall.

Doch funktioniert das wirklich? Es stellt sich die Frage, wann die Entscheidungen dann auch mal für den Naturschutz ausfallen. Momentan noch nicht. Siehe die aktuellen Bebauungspläne in „Schwammgebieten“ oder weitere Versiegelungen.

Die Winter werden wärmer (ohne wochenlangen Schnee), die Niederschläge viel heftiger, Spargel und Erdbeeren sind inzwischen ein bis zwei Monate früher als gewohnt zu haben. Der Klimawandel ist da. Der echte Wille, das Problem anzugehen, aber weltweit nur bedingt bis gar nicht: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass – das gilt auch für viele Bürgerinnen und Bürger (nur ein Stichwort: Tod der Vorgärten ...).

„Möchte man zukünftig hier einen anderen Verlauf, dann müssen Gesetze und Regelungen verändert werden“, sagt die Wuppertaler CDU. Doch konkret – starten die Christdemokraten die Initiative, beispielsweise auch für gesetzlich vorgeschriebene und gleichzeitig vom Staat geförderte Photovoltaikanlagen auch auf privaten Dächern?

Mit dem breitgestreuten „Greenwashing“ (inzwischen ist offenbar alles gut für die Umwelt) und dem Sprung auf den Öko-Zug, den selbst ein weltweit agierender Ölkonzern, der zahllose Küsten rund um den Globus verunreinigt hat, schamlos wagt, wird nichts zu holen sein. Und auch nicht mit dem inzwischen inflationär verwendeten und dadurch leider immer mehr verkommenden, weil missbrauchten Begriff der „Nachhaltigkeit“.

Ich selber werde nicht mehr auf dieser Erde sein, wenn diese sich noch deutlicher dafür rächt, was die Menschheit ihr in nur gut 100 Jahren angetan haben. Ausbaden müssen es die nachfolgenden Generationen. Von Schulterschluss keine Spur.