Gesundheit Apothekerkammer warnt vor Hype um „Abnehm-Spritze“

Wuppertal / Düsseldorf · Im Internet ist ein Hype um eine Spritze zur Gewichtsreduktion entstanden. Die Apothekerkammer Nordrhein warnt deshalb vor einer „Zweckentfremdung“ des Diabetes-Mittels, das als „Wunderwaffe zum Abnehmen“ angepriesen werde.

Kathrin Luboldt (Vizepräsidentin der Apothekerkammer Nordrhein) und Dr. Armin Hoffmann (Präsident).

Kathrin Luboldt (Vizepräsidentin der Apothekerkammer Nordrhein) und Dr. Armin Hoffmann (Präsident).

Foto: AKNR/Stephan Schütze

„Wir sehen, dass übertrieben positiv und bisweilen recht einseitig über bestimmte Medikamente berichtet wird, die Semaglutid enthalten. Manchmal unter dem Motto: Spritze rein – schlanker sein“, erklärt Dr. Armin Hoffmann (Präsident der Apothekerkammer Nordrhein). „Das ist wieder mal ein gutes Beispiel für einen sehr bedenklichen Trend, Arzneimittel zu Lifestyle-Zwecken zu missbrauchen. Davor können wir aus unterschiedlichen Gründen nur warnen.“ Gesunde Ernährung und Bewegung seien weiterhin die beste Strategie, um abzunehmen.

Es sei nicht neu, dass Präparate nicht für das „eigentlich zugelassene Anwendungsgebiet“ genutzt würden. So seien beispielsweise Medikamente, die eigentlich „dem Elektrolyt-Verlust bei Durchfall entgegenwirken sollen“, von Menschen eingenommen worden, die nach starkem Alkoholkonsum etwas gegen den Kater unternehmen wollten. „Die Folge waren leere Regale in Apotheken und beim pharma-zeutischen Großhandel und das Fehlen von Medikamenten zum Ausgleich eines Elektrolyt-verlustes bei Durchfallerkrankungen“, so die Apothekerkammer.

Durch den neuen Trend bestehe die Gefahr von Lieferengpässen, die „zur ernsten Gefahr für chronisch kranke Menschen werden könnten. Es wäre verheerend, wenn Typ-2-Diabetiker demnächst nicht mehr mit dringend benötigten Medikamenten versorgt werden können, nur weil jemand einem übertriebenen Schönheitsideal nachkommen möchte oder sich die Zeit für eine sinnvolle Umstellung des eigenen Lebensstils nicht nehmen möchte.“

Laut Apothekerkammer gibt es Präparate mit dem gleichen Wirkstoff, die höher dosiert speziell zur Behandlung von Adipositas, der schweren Form von Übergewicht, vorgesehen seien. Diese sind in der Europäischen Union zwar zugelassen, aber noch nicht in Deutschland erhältlich: „Für leichtes Übergewicht und ohne an Diabetes Typ 2 erkrankt zu sein, ist der verschreibungspflichtige Wirkstoff nicht zugelassen.“

Die Apothekerkammer warnt zudem vor möglichen gesundheitlichen Folgen bei einer unsachgemäßen Einnahme. Der Wirkstoff könne unter anderem „zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall sowie Gallensteinen führen. Auch eine erhöhte Herzfrequenz oder eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse sind möglich. Aufgrund der potenziellen Nebenwirkungen ist beim Einsatz von Semaglutid eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung und engmaschige ärztliche Kontrolle wichtig.“

Und: „Nach Abwägung aller für und gegen die Anwendung sprechender Gesichtspunkte kommt der Einsatz nur für bestimmte Patienten in Betracht. Auf keinen Fall sollte ein Einsatz außerhalb der vorgesehenen Indikation erfolgen.“

Verschreibungspflichtige Medikamente seien keine „Lifestyle-Präparate“, mahnt Apothekerkammer-Präsident Dr. Armin Hoffmann. „Wir sind Ärztinnen und Ärzten dankbar, dass sie ihrer Verantwortung gerecht werden – insbesondere bei der Verschreibung solcher Präparate. Denn anders als bei Elektrolyt-Mitteln handelt es sich bei Semagltid um einen verschreibungspflichtigen Wirkstoff. Ohne Rezept vom Arzt kein Missbrauch. Darauf setzen wir.“

(jak)
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