Uellendahl 1,2 Millionen Euro für fast 400 Jahre altes Juwel

Wuppertal · Der Teschemacher Hof am Uellendahl soll für rund 1,2 Millionen Euro saniert werden. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde von der „renaissance Immobilien und Beteiligungen AG“ gekauft. Nach der Abstimmung mit der Wuppertaler Denkmalbehörde sollen die Umbau- und Sanierungsmaßnahmen im Frühjahr 2020 beginnen.

 Der Teschenmacher Hof.

Der Teschenmacher Hof.

Foto: Atamari, CC BY-SA 3.0

Vorstand Christian Baierl: „Dieser Gebäudekomplex ist ein regelrechtes Wahrzeichen Wuppertals und natürlich Elberfelds. Die Ursprünge liegen fast 400 Jahre zurück und das Haus ist eines der ältesten Fachwerkbauten des Stadtteils. Dieser historische Ort muss einfach erhalten bleiben. Als Eigentümer hat man dafür eine ganz klare Verpflichtung. Die Anlage löste in unserem gesamten Team direkt Faszination und Begeisterung aus und schnell war uns klar, dass man dem Gebäude neues Leben einhauchen will.“

Das kleine Glöckchen im Glockenturm auf dem Dachfrist ist bis heute erhalten, jahrhundertelang läutete es das neue Jahr ein. Seit über 50 Jahren war es verstummt. Diese alte Tradition soll wiederbelebt werden. Auf dem Türmchen zeigt aber immer noch der historische Engel mit der Posaune die Windrichtung an.

Das Gebäude selber ist in der typisch bergischen Fachwerkbauweise der Zeit gehalten. Die Außenwände der beiden dreigeschossigen Flügel sind verschiefert, außer der nördlichen Fassadenseite. Der Komplex soll sowohl für wohnbauliche als auch kulturelle Zwecke erhalten bleiben. So ist eine Idee, dass der erkerartige Anbau mit wechselnden Ausstellungen Wuppertaler Künstlerinnen und Künstler dienen soll.

Der Teschemacher Hof, gelegen in der Mirke, ist nicht nur architektonisch und historisch wertvoll. Auch Musikwissenschaftlern ist er bekannt, als Wirkungsstätte des bekannten Orgelbauers Jakob Engelbert Teschemacher. Der Hof ist der restliche Bestandteil einer um 1630 erbauten Hofanlage und liegt westlich der Uellendahler Straße zwischen Vogelsangstraße und Kohlstraße.

In den Adressbüchern der damaligen Stadt Elberfeld heißt die Straße zwischen 1850 und 1868/70 noch „Mirke“, ab 1896/97 ist sie unter „In der Mirke“ zu finden. Wann sie genau so bezeichnet wurde ist unbekannt. Das Wort „Mirke“ ist ursprünglich aus den Begriffen „Gemarke“, „Mark“ und „Merken“ entstanden. „Mark“ bedeutet Grenze oder Grenzbezirk oder auch gemeinsamer Besitz verschiedener Bewohner eines bestimmten Ortes an einer Grenze, zum Beispiel einem Wald.

Hier ist das nördliche Grenzgebiet von Elberfeld gemeint. Denn das ursprüngliche Gebiet der Straße war damals viel größer als heute: Anfangs stand dort nur ein Hof. Sein Gelände wurde dann durch Baumrodungen vergrößert und auf drei Höfe aufgeteilt. So entstanden die Oberste Mirke (erwähnt 1543), Mittlere Mirke (erwähnt 1493) und Unterste Mirke.

Diese Hofnamen erscheinen in historischen Unterlagen noch bis ins 17. Jahrhundert, danach allerdings nicht mehr. Der heutige Teschenmacher Hof ist das Hofeshaus der Obersten Mirke, damals auch „Teschemachers Mirke“ genannt, eines der ältesten erhaltenen Hofeshäuser Wuppertals. Bis 1911 war der Fachwerkbau im Besitz der Familie Teschemacher, dann wurde er von der Stadt Elberfeld gekauft. Das viel spätere Schwimmbad in der Mirke geht auf eine Anlage der Familie Teschemacher zurück. Und den Namen Mirke trägt zudem ein Bach in Uellendahl.

Der alteingesessenen und bedeutenden Familie Teschemacher gehörten 13 Elberfelder Bürgermeister des 17. und 18. Jahrhunderts an. Das bekannteste Mitglied der Familie war allerdings der Orgelbauer Jakob Engelbert Teschemacher (19. April 1711 bis 26. Oktober 1782). Er war ein wahrer Meister seines Fachs. Noch heute sind seine Heim- sowie Kirchenorgeln gesuchte und geschätzte Stücke. Bevor er seine erste Kirchenorgel um 1760 während der unruhigen Zeit des Siebenjährigen Krieges (1756 bis 1763) baute, hatte er bereits mindestens 20 Jahre früher Hausorgeln hergestellt. Ein genaues Datum ist nicht überliefert.

Diese Orgeln waren viel kleiner als Kirchenorgeln und in einer Art Schrank untergebracht, der nicht viel größer als ein Kleiderschrank war. Solche praktischen Hausorgeln übergab man im 18. Jahrhundert den Töchtern reicher Patrizierfamilien als Hochzeitsgeschenk, genau wie ein Klavier oder Flügel in diesen Kreisen später zur Aussteuer gehörte. Ein schönes Beispiel eines solchen Hausorgeltyps ist in der Uellendahler Philippuskirche zu bewundern. Sie wurde um 1770 gebaut und besitzt zwei durchgehende und vier halbe Register, mit denen der Klang der Orgelpfeifen verändert wird. Sie wurde 1860 vom Kommerzienrat Wilhelm Meckel gestiftet, geschenkt von Baronin Selma von der Heydt, sehr wahrscheinlich aus ihrem eigenem Besitz. Eine Teschemacher Orgel war schon immer etwas Besonderes.

Seine erste Kirchenorgel baute Jakob Engelbert Teschemacher rund 50-jährig im Jahr 1760 in seiner Werkstatt in seinem Elternhaus, also im heutigen Teschemacher Hof. Diese soll sich im langen Ostflügel des Hauses befunden haben, in der Form einer kleinen achteckigen Chorkapelle. Die Orgel war für die lutherische Kirche am Kolk bestimmt, die allerdings 1895 abgerissen wurde. Zu dieser Zeit gab es in den Kirchen noch keine Orgeln, Jakob Engelbert war sozusagen ein Wegbereiter der kirchlichen Orgelmusik. Denn damals hielten viele Menschen, auch seine Freunde und Verwandten, eine Orgel für ein „heidnisches“ Instrument, da sie glaubten, nur die menschliche Stimme sei dazu berufen, Gottes Lob in der Kirche zu verkünden.

Doch das Instrument und auch seine Arbeit setzten sich durch. Schnell hatte er einen hervorragenden Ruf als Orgelbauer erlangt. Seine Instrumente hatten zudem einen bestimmten Klang, den ganz eigenen Teschemacher Klang. 1766 baute er für 850 Reichsthaler eine Orgel für die lutherische Kirche in Düsseldorf. Im Jahr 1770 fertigte er für Schwelm eine Orgel, für die ihm 567 Reichsthaler = 100 Pistolen bezahlt wurden. Ein weiterer Auftrag für Wickrathberg brachte ihm sogar 900 Reichsthaler ein. Damals war das eine immense Summe Geld. Sein Meistergeselle Johann Gerhard Schrey führte seine Arbeiten nach seinem Tod fort. So sollen 1785 für die Orgel in Wupperfeld ganze 2000 Reichsthaler gezahlt worden sein.

Überliefert ist auch das berühmte Treffen Goethes mit seinem Freund Jung-Stilling im Hause des Elberfelder Kaufmanns Anton Philipp Caspari am 22. Juli 1774. Neben dem Kaufmann Georg Friedrich Grohe aus Elberfeld war auch Jacob Engelbert Teschemacher dabei. Dies zeigt, dass die Elberfelder Teilnehmer dieses besonderen Treffens Angehörige der führenden Schicht des Wuppertals waren. Über das Treffen selbst ist leider fast nichts festgehalten worden.

Über den Menschen Jakob Engelbert Teschemacher ist nur wenig überliefert, es existiert auch kein Bildnis von ihm. Er soll ein sehr frommer Mann gewesen sein. „Freundlich, ernst, sanft, behutsam, ein verehrungswürdiger, herrlicher Mann“, so wurde er in der Sprache jener Epoche beschrieben. Zudem war er sicherlich ein vermögender Mann und zugleich auch Wohltäter der Armen, wie mehrfach bezeugt wurde. 1775 schenkte er der Schule im Uellendahl 300 Reichsthaler.

Sein Vater Wilhelm Teschemacher war bei Jakob Engelberts Geburt bereits 57 Jahre alt. Als Jakob Engelbert 15 Jahre alt war, starb sein Vater. Seine Mutter Katharina Margarethe heiratete fünf Jahre später mit 44 Jahren zum zweiten Mal, einen 30-jährigen Mann. Jakob Engelberts Großvater Adolf Elscheid war ehemaliger Lehrer und mit dem berühmten rheinischen Orgelbauer Peter Weidtman in Ratingen gut befreundet. Jakob Engelbert erlernte hier wahrscheinlich das Orgelbauerhandwerk.

Er hatte eine Schwester und zwei Brüder. Sein Pate war Bürgermeister und Ältester Johann Jakob Siebel. Jakob Engelbert Teschemacher starb als Junggeselle, wie es damals hieß: „71 Jahre alt, 6 Monate, 1 Woche“.

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