Prozess gegen Ex-Dezernent Paschalis Befangenheitsantrag gegen Richterin

Wuppertal · Zum Ende des Verhandlungstages am 10. März im Prozess gegen Wuppertals Ex-Rechtsdezernent Panagiotis Paschalis hat dessen Verteidiger Professor Dr. Endrik Wilhelm Amtsrichterin Bittner, die das Verfahren von Anfang an leitet, wegen Befangenheit abgelehnt.

 Der wegen übler Nachrede vor dem Amtsgericht angeklagte Ex-Rechtsdernent Panagiotis Paschalis und sein Verteidiger Endrik Wilhelm.

Der wegen übler Nachrede vor dem Amtsgericht angeklagte Ex-Rechtsdernent Panagiotis Paschalis und sein Verteidiger Endrik Wilhelm.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Auslöser hierfür war vor allem die vorherige Zustimmung der Richterin zur Aussageverweigerung der als Zeugin geladenen Leiterin des Wuppertaler Straßenverkehrsamtes. Die Zeugin machte von diesem Recht Gebrauch, um sich nicht möglicherweise selbst zu belasten. Ihr begleitender Rechtsanwalt wies darauf hin, das Recht der Aussageverweigerung ergebe sich aus den verschiedenen Strafanzeigen, die der wegen übler Nachrede angeklagte Panagiotis Paschalis gestellt habe – und in denen die Straßenverkehrsamsleiterin mehrfach vorkomme. 

Ganz anders die Auffassung der Paschalis-Verteidigung: Die Amtsleiterin habe „nichts zu befürchten“, da sie vor Jahren schon in Mails an ihren Vorgesetzten ihre kritische Haltung zum Kfz-Zulassungsgeschäft zwischen der Stadt Wuppertal und der Bochumer Sportmarketingfirma ASS formuliert und damit sozusagen den Versuch der Aufklärung des Falles ins Rollen gebracht habe. Rechtsanwalt Wilhelm widersprach vehement der Existenz eines Aussageverweigerungsrechtes in diesem Fall. Wiederum anders die Position der Staatsanwaltschaft: Ob besagtes Recht hier vorliege, müsse man nicht prüfen, sondern dessen Berechtigung unterstellen.

Abschließend sah Richterin Bittner mit Blick auf die von Ex-Dezernent Paschalis behauptete „Unrechtsvereinbarung der Stadtspitze und des Rechnungsprüfungsamtes, mit dem Ziel der rechtswidrigen Niederschlagung der Angelegenheit ASS“ (so Paschalis am 15. Dezember 2018 in der Wuppertaler Rundschau) eine mögliche (Selbst-)Belastung der Zeugin als gegeben an. Fazit: Die Amtsleiterin konnte am 10. März auf eine Zeugenaussage verzichten.

Verteidiger Endrik Wilhelm (Originalton: „Eine ganze Stadtverwaltung verweigert die Aussage, alle sind bemüht, dass hier möglichst gar nichts rauskommt“) stellte daraufhin im Namen seines Mandanten den oben genannten Antrag auf Ablehnung der Richterin „wegen der Besorgnis der Befangenheit“.

Sein Vorwurf: Richterin Bittners Sachverhaltsaufklärung sei, wie die der Staatsanwaltschaft, so Wilhelm, „mangelhaft“. Es habe keine Bemühungen des Gerichtes gegeben, andere Zeugen als die insgesamt 15, die bisher die Aussage verweigert hatten, zu finden. Ebenso wenig wie, um die Geschäftsbeziehung zwischen der Stadt und der Firma ASS aufzuklären, die die Paschalis-Verteidigung ein von Kämmerer Dr. Johannes Slawig „etabliertes Scheinrechnungssystem“ nennt, und in dessen Zusammenhang sie von einem „Reptilienfonds“ spricht. 

Weiterer Wilhelm-Vorwurf: Das Gericht habe weitere ASS-Akten der Stadtverwaltung (bei denen es sich um zahlreiche Ordner handelt) über die vorliegenden Unterlagen hinaus nicht hinzuziehen wollen. Anderenfalls müsse der Prozess ausgesetzt werden. Anwalt Endrik Wilhelm sieht hier den Widerspruch von „Verfahrensökonomie gegen Erkenntnisgewinn“. Zum Hintergrund: Amtsrichterin Bittner hatte bereits zu einem frühen Zeitpunkt des Prozesses angemerkt, das Verfahren hätte ihrer Meinung nach ans Landgericht gehört. Dies sei „aber anders entschieden worden“.

Die Staatsanwältin hielt Anwalt Wilhelm entgegen, die Zuständigkeit für die Benennung von Zeugen liege bei der Verteidigung, fehlende Akten hätte die Stadt Wuppertal dem Gericht liefern müssen – und in Sachen „Reptilienfonds“ sei der erhobene Vorwurf mehrfach geprüft worden, ohne dass sich Hinweise darauf ergeben hätten.

Professor Wilhelms Befangenheitsantrag endet so: „Unbefangenheit fängt mit dem Bemühen um ergebnisoffene Sachverhaltsermittlung an. Dazu leistet die abgelehnte Richterin keinen Beitrag, sondern fragt ausschließlich den Verteidiger, welche Beweismittel er noch für erforderlich hält. Und wenn die ausufernd erscheinen, droht sie mit Aussetzung. Das ist nicht das, was ein Angeklagter von einer unbefangenen Richterin erwarten kann.“

Der Prozess wird am 25. März fortgesetzt.

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