Ev. Kirche in Wuppertal Superintendentur: Geteilte Leitung, gemeinsame Vision

Wuppertal · Zwei Köpfe, ein Leitungsamt: Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hat die Synode des Kirchenkreises Wuppertal zwei Theologen für das Superintendentenamt gewählt. Im März 2026 treten Pfarrerin Katharina Pött und Pfarrer Dr. Jochen Denker ihr Amt als Team an. Im Interview nehmen sie Stellung zu den Chancen und Herausforderungen.

Pfarrerin Katharina Pött und Pfarrer Dr. Jochen Denker.

Foto: Sabine Damaschke

Was hat Sie beide motiviert, sich als Team auf das höchste Amt der evangelischen Kirche in Wuppertal zu bewerben?

Katharina Pött: „Ich bin leidenschaftlich gerne Pfarrerin meiner Gemeinde in Langerfeld und kann mir beruflich wie privat ein Leben ohne diese Glaubens- und Lebensgemeinschaft nicht vorstellen. Gleichzeitig ist mir aber auch die enge Zusammenarbeit mit den anderen Gemeinden Wuppertals und den sogenannten kreiskirchlichen Aufgabenbereichen in der Seelsorge, Bildung und Diakonie für unsere Stadt wichtig.

Das eine ohne das andere kann ich mir nicht vorstellen. Durch das geteilte Superintendentenamt kann ich nun beides verbinden: Ich werde mit einer halben Stelle Gemeindepfarrerin bleiben und mit der anderen halben Stelle Superintendentin sein.“

Jochen Denker: „Ich halte die Gemeinde vor Ort für den maßgeblichen Grundpfeiler der Kirche und eine geistliche wie organisatorische Stärkung der Gemeinden für das Gebot der Stunde. Als Superintendent, der gleichzeitig noch fest mit seiner Gemeinde als Pfarrer verbunden ist, bekomme ich hautnah mit, was unsere Gemeindeglieder an der Basis bewegt und was sie sich wünschen und brauchen, damit sie als Kirche Jesu Christi für und mit den Menschen dieser Stadt unterwegs sein können. Außerdem sind zwei Köpfe oft klüger als einer.“

Was bringen Sie aus Ihren Gemeinden für das neue Amt mit?

Katharina Pött: „In meiner Gemeinde in Langerfeld haben wir viel Erfahrung mit Quartiersarbeit und sind gut vernetzt mit anderen Organisationen. Neben der „klassischen“ Gemeindearbeit gestalten wir auch offene Angebote für verschiedene Altersgruppen und Menschen unterschiedlicher Kulturen und Nationen, die Einsamkeit und Armut entgegenwirken und ein Miteinander in Vielfalt fördern möchten.

Jochen Denkers kleinere Gemeinde in Ronsdorf ist eher kleinstädtisch geprägt. Sie hat viele theologisch interessierte und sehr engagierte Gemeindeglieder, die aus ihrem Glauben heraus politische und gesellschaftliche Diskurse anstoßen.“

Jochen Denker: „Gemeinden müssen schon lange mit Veränderungen und auch Abbrüchen leben. Wir haben hier gelernt, dass neben Humor und guten Nerven das gemeinsame Gebet und die gegenseitige Fürbitte eine echte Kraft sind. Wir haben auch gelernt, dass man geteilte Verantwortung nicht ins Chaos führen muss.

Es wird diskursiver und kreativer. Schon jetzt leiten wir den Kirchenkreis sehr teamorientiert mit dem gesamten Kreissynodalvorstand. Die Orientierung auch auf das Superintendentenamt zu übertagen, scheint uns konsequent und steht einer reformatorischen Kirche gut.“

Ein solches Modell hat es in der rheinischen Kirche noch nicht gegeben. Sie hat dem aber zugestimmt. Warum?

Katharina Pött: „Unser geteiltes Amt wird von der Landeskirche in einer sogenannten ,Erprobung‘ begleitet, denn es kann auch für andere Kirchenkreise attraktiv sein. Insbesondere von jüngeren Pfarrerinnen und Pfarrern hören wir häufig, dass sie gerne im Team arbeiten. Es schafft mehr Raum für Vielfalt und Kreativität, wenn Verantwortung geteilt wird. Die Anbindung an eine Gemeinde sorgt zudem dafür, dass sie immer noch das tun können, was sie ins Pfarramt geführt hat: Verkündigung und Seelsorge. Es ist gut, in einer sich verändernden Kirche verschiedene Modelle auch von Leitung zu erproben, um zukunftsfähig zu werden.“

Die evangelische Kirche wird kleiner und ärmer. Und die Ideen, welche Reformen nötig sind, damit sie eine Zukunft hat, sind unterschiedlich. Was halten Sie für notwendig?

Jochen Denker: „Wir leiden als Kirche an der gleichen bürokratischen Schwerfälligkeit, die auch unsere staatlichen Institutionen haben. Ob es um die Sanierung eines Gemeindehauses oder die Reinigung der Orgel geht: Es müssen Anträge und Gutachten eingeholt werden, die Zeit, Geld und Nerven kosten. Und die oft jegliche Eigeninitiative und Kreativität lahmlegen. Dass Zentralisierung und immer größere Kirchenkreise und Verwaltungseinheiten darauf die einzige Antwort sein sollen, bezweifeln wir.“

Katharina Pött: „Wir brauchen eine Kirche, die flache Hierarchien, Flexibilität, Experimente und selbstwirksames, ehrenamtliches Tun in allen kirchlichen Handlungsfeldern ermöglicht. Diese Gestaltungsspielräume wollen wir für unsere 17 Gemeinden und den Kirchenkreis schaffen oder erhalten. Kirche muss sich neu erfinden. Dabei leitet uns das Bild der um und unter Gottes Wort versammelten Glaubens- und Lebensgemeinschaft vor Ort oder an verschiedenen auch nicht-kirchlichen Orten.

Dabei gehören wir in unserer Unterschiedlichkeit zusammen, sind gemeinsam auf dem Weg und gerade so Kirche Jesu Christi. Je lebendiger und selbstwirksamer unsere Strukturen sind, desto größer ist unsere Hoffnung, dass wir die Menschen in unserer Stadt mit der guten Botschaft, die wir als Christinnen und Christen haben, erreichen.“