Vor ihrem Büro stapeln sich die Schuhkartons bis zur Decke. Und ständig werden weitere bei der „Kirche im Tal“ abgegeben, einer Wuppertaler Freikirche, in der Anna Volkova seit vielen Jahren Pastorin ist. „Gerade für die ukainischen Kinder ist es so schwer, dass sie Weihnachten immer noch im Krieg verbringen müssen“, sagt sie. „Daher schicken wir auch in diesem Jahr wieder Päckchen in die südostukrainische Stadt Kamjanske.“
Unter dem Motto „Weihnachten an der Frontlinie 2025“ können Spenderinnen und Spender noch bis zum 10. Dezember Schuhkartons mit Gegenständen für den Alltagsgebrauch in der Gemeinde in Barmen abgeben. 15 Gegenstände hat Anna Volkova aufgelistet, die gebraucht werden. Dazu gehören unter anderem ein Paar warme Socken, ein Paar Handschuhe, eine Mütze, eine Zahnbürste und Zahnpasta sowie ein Kuscheltier und wahlweise ein Spielzeugauto oder eine Puppe.
Mitte Dezember werden die Schuhkartons mit den kleinen Weihnachtsgeschenken für Waisenkinder in die Stadt gebracht, mit der Wuppertal in diesem Jahr eine Projektpartnerschaft abgeschlossen hat. Im letzten Jahr hat die freie Gemeinde 220 Kartons mit Geschenken in die Ukraine gebracht.
Kamjanske – Stadt nahe der Kriegsfront
Kamjanske liegt etwa 80 Kilometer von der derzeitigen Kriegsfront und vom umkämpften Kernkraftwerk Saporischschja entfernt und befindet sich im unmittelbaren Gefahrenbereich der permanenten russischen Raketen- und Drohnenangriffe.
„Die meisten Kinder haben ihre Eltern durch den Krieg verloren“, erzählt Anna Volkova, die selbst aus Saporischschja stammt und die Gegend gut kennt. Seit Ausbruch des Krieges im Februar 2022 organisiert sie mit ihrer Gemeinde alle sechs Wochen einen Hilfstransport zu Kirchen, die an nahe an der Front liegen. „Sie wissen genau, was die Soldaten und die Bevölkerung brauchen“, sagt die Pastorin. Und so sind schon Medikamente und Verbandszeug, Proteinriegel, Thermobecher und warme Decken von Wuppertal aus in die Ukraine geschickt worden.
Übersetzerin, Organisatorin, Seelsorgerin
Rund 7.000 geflüchtete Menschen aus der Ukraine leben mittlerweile in Wuppertal. Anna Volkova kam vor rund zwanzig Jahren als Studentin in die Stadt und spricht ihre Sprache. Schnell war sie daher als Übersetzerin gefragt, hat Sprachkurse und Treffen organisiert, bei Behördengängen geholfen und so manches Seelsorgegespräch geführt.
„Viele Ukrainerinnen und Ukrainer haben gedacht, dass sie nur ein Weihnachtsfest fern der Heimat feiern müssen. Jetzt ist es bereits das vierte Weihnachten und ein Ende des Krieges ist nicht in Sicht.“ Zwar fühlten sich die meisten Geflüchteten nach wie vor in Wuppertal willkommen, doch die Frage „Bleiben oder Gehen“ stehe bei vielen im Raum, erzählt Anna Volkova. „Und egal, wie sie sich entscheiden, ihre Heimat müssen sie sich neu aufbauen.“ Das dauert und kostet Kraft.
Als Pastorin ermutigt Anna Volkova auch dazu, diese Kraft und Energie für ein neues, anderes Leben im Glauben zu finden. Rund 50 Ukrainerinnen und Ukrainer besuchen regelmäßig die Gottesdienste und Gesprächskreise der „Kirche im Tal“. „Sie haben nicht nur richtig gut die deutsche Sprache in unserer Kirche gelernt“, sagt die Theologin, „sondern wirken auch gestärkt und getröstet.“