Beiratsmitglieder legen Ämter nieder Rücktritte bei Wuppertaler Tafel: „Unmut und schlechtes Gefühl“

Wuppertal · Der ehrenamtliche Beirat der Wuppertaler Tafel ist mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. „Unsere Entscheidung ist ein Schlusspunkt nach langen Monaten intensiver Gespräche über die Zukunft der Tafel, über neue, alternative und vor allem zukunftsweisende Strukturen“, heißt es in einer Stellungnahme. In einem offenen Brief an den Tafel-Vorstand Wolfgang Nielsen begründen die Mitglieder des Gremiums den Schritt. Der Wortlaut.

 Wolfgang Nielsen (re.) , hier bei einer Spendenannahme, ist 1. Vorstand der Wuppertaler Tafel (Archivbild).

Wolfgang Nielsen (re.) , hier bei einer Spendenannahme, ist 1. Vorstand der Wuppertaler Tafel (Archivbild).

Foto: MEINFOTO

„Sehr geehrter Herr Nielsen, schweren Herzens und nach reiflicher Überlegung haben wir uns vom Beirat der Wuppertaler Tafel entschlossen, mit sofortiger Wirkung geschlossen zurückzutreten und unsere beratende Tätigkeit gemäß der Satzung der Wuppertaler Tafel e.V. einzustellen.

Uns ist dieser Entschluss nicht leichtgefallen, da wir uns in den letzten Jahren und auch noch nach diesem Rücktritt mit der Grundidee und der guten Sache dieser wichtigen sozialen Einrichtung in unserer Stadt sehr verbunden fühlen. Einige von uns waren schon seit Gründung des Beirats Anfang der 2000er Jahre dabei, was den Rücktritt nicht leichter fallen lässt. In den letzten Monaten haben wir schon in vielen persönlichen Dialogen oder in Schriftwechseln detailliert auf unseren Unmut und unser schlechtes Gefühl hinsichtlich einiger Entwicklungen in der Tafel aufmerksam gemacht. Diese Punkte bzw. Gründe für den Rücktritt werden wir daher hier nicht erneut darstellen wollen.

In den vergangenen Jahren haben wir feststellen müssen, dass wir einige engagiert und kompetent wirkende Ehrenamtler/innen, die sich für eine aktive Rolle im Vorstand oder als Berater/innen in den letzten Jahren angeboten hatten, kommen und gehen sahen. Mit dieser Erkenntnis und den uns immer wieder von verschiedenen Seiten übermittelten Zuständen haben wir uns seit Mai letzten Jahres für eine grundsätzliche Änderung in den Führungs- und Organisationsstrukturen der Tafel eingesetzt. Wir hatten Ihnen Vorschläge für eine gesellschaftsrechtliche und organisatorische Neuausrichtung unterbreitet, die mit Experten aus dem Steuer- und Gesellschaftsrecht erarbeitet wurden und auf vergleichbare und erfolgreich umgesetzte Konzepte in anderen sozialen Einrichtungen basierten.

Diese Konzepte hatten wir Ihnen vorgestellt, sind aber stets auf Skepsis und Unverständnis gestoßen.

Das Fundament für unsere Konzepte hatten wir in einer Erklärung in vier Punkten zusammengefasst, die Sie im Rahmen eines Dreiergesprächs mit den Herren Heinz und Gadder am 28. Dezember 2020 unterzeichnet hatten. Leider wurden die darin vereinbarten Punkte, nun wieder von Ihnen widerrufen.

Wie mehrfach besprochen und diskutiert, kann die Tafel unseres Erachtens nur mit einer grundsätzlichen Neuausrichtung in der Führungsstruktur und -kultur in Zukunft bestehen. Nötig ist unserer Meinung nach ein neuer und von außen kommender Gesamtleiter bzw. eine Gesamtleiterin und ein neuer Vorstand mit ebenfalls neuen, unabhängigen Mitstreitern/innen gemäß unserem letzten Konzept.

Ihr Plan, dass die Abteilungsleiter, die mal mehr oder weniger mitverantwortlich für bestimmte Zustände in der Tafel waren bzw. sind, die Leitung der Tafel zu übertragen, halten wir für den falschen Weg. Wir möchten den Herren in dem Zusammenhang keinen fehlenden Willen oder zu wenig Engagement vorwerfen, doch sind die Zustände nun mal so, wie sie sind. Diese werden unseres Erachtens nicht besser, wenn diese Abteilungsleiter aus der zweiten Führungsebene nun in die erste Reihe gesetzt und zu Vereinsleitern mit Abteilungsverantwortung gemacht werden.

In Zusammenhang mit dem bisherigen Engagement der Abteilungsleiter möchten wir an dieser Stelle klar betonen, dass uns sehr wohl bewusst ist, dass es viele angestellte und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Tafel gibt, die mit viel Tatkraft, neuen Ideen und hohem Verantwortungsgefühl agieren bzw. agieren wollen. Diese Menschen halten den Laden täglich ,am laufen‘. Aus unserer Sicht, mit den Erfahrungen als Unternehmer und Führungskräfte, wird allerdings das Potential, das in diesen Mitarbeiter/innen steckt, durch die aktuelle Führungsstruktur und -kultur nicht richtig ausgeschöpft.

Zu den genannten Themen kommt noch ein Grund für unseren Rücktritt abschließend dazu. Unser Hinweis bei Ihnen, dass gemäß Satzung durch die Rücktritte der Herren Krampen und Herbeck in 2020, seit einigen Wochen kein handlungsfähiger Vorstand mehr vorhanden ist, findet kein Gehör. Ihr Rechtsberater, Herr Mesek, sieht das anscheinend nicht so. Nach unseren Recherchen und der detaillierten Auskunft eines Rechtsberaters hingegen, ist laut Eintrag im Vereinsregister vom 20. April 2005, eine gemeinschaftliche Vertretungsbefugnis vorgesehen, die nicht mehr gegeben ist. Demnach ist der Verein mit Ihnen allein ohne handlungsfähigen Vorstand.

Wenn diese unsere Hinweise, Konzepte, Appelle und dringenden Empfehlungen in diesem Maße abgelehnt werden, müssen wir nun die Konsequenzen ziehen. Uns war stets sehr wohl bewusst, dass mit unseren Forderungen und dem Drängen nach Veränderungen die Rolle des Beirats nicht mehr satzungsgemäß war. Dies taten wir im Rahmen unseres Ehrenamts aber stets im Sinne der Tafel und deren Gäste.

Inwieweit die bisherigen kostenfreien oder vergünstigten Dienstleistungen und Lieferungen von Waren, die von einigen von uns bzw. von deren Unternehmen geleistet wurden, auch zukünftig der Tafel zugutekommen, ist in Frage zu stellen und obliegt den jeweiligen Beiratsmitgliedern.

Abschließend möchten wir betonen, dass wir Ihre Verdienste, Ihren unermüdlichen - ja häufig aufopfernden - Einsatz und Ihr Lebenswerk Wuppertaler Tafel ausdrücklich würdigen und anerkennen. Ebenso ist es uns ein Anliegen unsere Sympathie gegenüber Ihnen als Mensch zum Ausdruck zu bringen. Diese Würdigung und die menschliche Verbundenheit waren für uns der Antrieb, dass wir im Rahmen unserer Konzepte Sie als wichtiger Bestandteil in einer neuen Tafelstruktur gesehen haben. Eine Struktur, in der Sie eine Rolle als Repräsentant innehabe und sich nicht mehr mit dem kräftezehrenden Tagesgeschäft ,herumschlagen‘ müssen.

Ihnen und Ihrem Team der Wuppertaler Tafel können wir nun nur noch viel Erfolg und eine gute Hand bei der Bewältigung der enormen Herausforderungen wünschen, die aktuell und zukünftig vor Ihnen liegen. Wir bedauern sehr, dass wir Sie auf diesen Weg nicht mehr begleiten werden.

Sollten Sie und das Führungsteam sich irgendwann doch offen gegenüber den von uns vorgeschlagenen Konzepten zeigen, sprechen Sie uns an. Abhängig von den Gegebenheiten werden wir uns dann über eine Wiederaufnahme beratender und unterstützender Tätigkeiten abstimmen.

Mit freundlichen Grüßen,

Dirk Emde, Jürgen Gadder, Dietmar Heilmann, Stefan Heinz, Matthias Kießling, Thomas Lenz, Wolfram Lumpe, Stephan Müller“

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